Landesverband "Poliomyelitis" Thüringen
Selbsthilfeverband für Poliobetroffene und deren Angehörigen

Archiv

 
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    Eine Gehhilfe, die mitdenkt  
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Behinderten-Pauschbetrag und haushaltsnahe Dienstleistungen
 
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A
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12. 2013
 
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    Leichter Zugang für alle Menschen zur medizinischen Versorgung  
    29. 11. 2013
 
REHACARE 2013
 
    Chronisch krank - was nun?  
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    Bedrohliche Krankheitsausbrüche  
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    Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung
in der ärztlichen Praxis
 

 
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    29. 02. 2016  
 
Erfolgreiches Programm gegen Polio
Peter Rüegg Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
 

 
Warten auf die Impfung: Kinder in Indien.

© Subir Roy

Das Unmögliche möglich gemacht: 200.000 Kinder infizierten sich noch vor rund 30 Jahren jedes Jahr auf dem Subkontinent mit dem Polio-Virus. Die Kinderlähmung vollständig zu besiegen schien unvorstellbar. Doch seit drei Jahren ist Indien offiziell polio-frei - dank eines bislang weltweit einmaligen Programms.
Von Martina Merten
LUCKNOW. Es gibt immer Gewinner im Leben. Und es gibt diejenigen, die verlieren. Rekha zählt zu den Verlierern. Die indische Frau lebt in Takrohi Bazar, einem Stadtteil von Lucknow, der Hauptstadt des bevölkerungsreichsten indischen Bundesstaates Uttar Pradesh.

Sie war gerade einmal acht Monate alt, als sie sich mit dem Polio-Virus infizierte. Heute ist Rekha 26 Jahre alt. Mit Ausnahme ihrer Arme und ihres Oberkörpers ist die junge Frau gelähmt.

"Ich wäre so gerne unabhängig von meinen Eltern und hätte mein eigenes Leben", sagt sie. Doch die Steifheit ihrer Beine macht ein selbstbestimmtes Leben unmöglich. Eine Familie wird Rekha in einem Land wie Indien niemals haben.

200.000 Kinder steckten sich Ende der 1980er Jahre mit Poliomyelitis an - Jahr für Jahr. Entweder starben sie an der Infektionskrankheit oder leiden noch heute - wie Rekha - unter Lähmungen. Weltweit waren es 350.000 Kinder zu dieser Zeit, es steckten sich fast 1000 Kinder mit dem Virus an - an jedem einzelnen Tag.

Rekha zählte nicht zu den Kindern, die als Ergebnis der so genannten "Global Polio Eradication Initiative" im Zuge von Impftagen einen winzigen Tropfen des Impfstoffes gegen das Virus in den Mund geträufelt bekamen. Sie zählt zu den 26 Millionen Menschen auf dem Subkontinent, die unter einer Behinderung leiden.

Alarmiert von Schicksalen wie dem der jungen Frau rief Rotary International bereits 1985 die "PolioPlus"-Initiative ins Leben. Das ambitionierte Ziel der Organisation lautete: Ausrottung des Virus - weltweit.
 
WHO und Rotary in einem Boot

Drei Jahre später konnten Rotary und die Weltgesundheitsorganisation WHO die Weltgesundheitsversammlung der Vereinten Nationen davon überzeugen, eine Resolution zu verabschieden.

Das darin formulierte Ziel war dasselbe wie drei Jahre zuvor: Ausrottung - und zwar im Zuge einer vereinten Aktion von WHO, Rotary, der US Seuchenschutzbehörde (CDC) und der Kinderhilfsorganisation UNICEF.

Es war die Geburtsstunde der "Global Polio Eradication Initiative" - der globalen Ausrottungs-Initiative gegen das Virus. "Wir waren fest davon überzeugt, dass Polio nach den Pocken die nächste Erkrankung sein könnte, die man auslöschen kann", berichtet Deepak Kapur, Vorsitzender des Rotary National Polio Plus Komitees in Indien.

Was Millionen, insbesondere lokale Helfer auf dem Subkontinent in den Folgejahren auf die Beine gestellt haben, ist zahlenmäßig kaum zu begreifen: 1995 führte die indische Regierung mit Unterstützung von WHO, Rotary, dem CDC und UNICEF erstmals nationale Impftage durch.

Während jeder dieser fünftägigen Kampagnen werden nach Aussagen der Partner der Initiative 170 Millionen Kinder erreicht, rund 240 Millionen Häuser aufgesucht und viele Impfärzte eingesetzt.

Das ist noch nicht alles: Zusätzlich finden auf Ebene der Bundesstaaten bis zu achtmal jährlich "Sub-Immunization-Days" statt. Während dieser fünftägigen Kampagnen impfen Teams aus lokalen Helfern nochmals jeweils 35 Millionen Kinder unter fünf Jahren.
 
Ein Euro Lohn, acht Stunden Arbeit

In einer Slumgegend von Lucknow sitzen zwei Frauen auf kleinen Plastikhockern. Eine der beiden heißt Kashifa Fatima. Kashifa hilft nicht zum ersten Mal im Rahmen der Impftage in Uttar Pradesh mit.

Bereits letztes Jahr zählte die Studentin zu einem der 64.000 Impfteams, die die Regierung zusammenstellt, um an 100.000 Stationen, die sich über das jeweilige Bundesland verteilen, zu impfen.
Kashifa erhält für die acht Stunden, die sie an dem Stand steht und Eltern von kleinen Kindern von einer Polio-Impfung überzeugt, umgerechnet einen Euro.
Im Vorfeld der Kampagne, erzählt Dr. Sunil Bahl, Verantwortlicher für Impfprogramme in Südostasien bei der WHO in Delhi, schult die Regierung Frauen wie Kashifa. Im Fokus stehen dabei der richtige Umgang mit dem Impfstoff und die Kampagne im Allgemeinen. Jeder Schritt muss sitzen.

Denn nicht zuletzt müssen die Helfer jeden einzelnen Tropfen des lebenswichtigen Impfstoffes akkurat in den Mund der Kinder träufeln.
 

 
Spätfolgen: Eine Polio-Patientin wird in einem Krankenhaus in Delhi versorgt.
© Anindito Mukherjee, reuters
Sozialarbeiter im Fokus

Nicht an jeden Stand kommen gleichviele Kinder, erzählt Kashifa. Wie viele kommen und sich an den Stationen impfen lassen, ist immer auch abhängig von der Gegend und davon, wie gut die Sozialarbeiter, die den Impf-Teams angehören, die Gegend und deren Einwohner kennen. Denn sie sind es bisweilen, die die Menschen an die Impfstände bringen - und die sie von dem Tropfen und dessen Wirkung überzeugen.

Dr. Sunil Bahl hält einen Moment lang inne, als er von den Erfolgen der letzten beiden Jahrzehnte erzählt. Schließlich, sagt er nach einer Weile, gab es viele Hürden, die die Partner der Initiative zu überwinden hatten. Eine davon: die vielen Migranten in Indien.

4,2 Millionen Kinder haben nach Angaben von Bahl keinen festen Wohnsitz. "Wir mussten jedes dieser Kinder trotzdem finden und erfassen", unterstreicht der Inder eine der größten Herausforderungen des Programms.

2005 entwarf die WHO eine Spezialstrategie für Migranten. Infolge dieser Strategie sind inzwischen rund 10 000 Teams allein an Transitpunkten - also an Bahnhöfen, Bushaltestellen, in Zügen, Bussen, auf Märkten oder auf Autobahnen - unterwegs.

Während jeder einzelnen Kampagne werden inzwischen rund zwei Millionen Kinder "on the move" - also unterwegs - geimpft.
 
Vorbehalte bei Muslimen

Eine weitere zentrale Herausforderung nach Angaben von Rotary-Mann Deepak Kapur: die Ängste der muslimischen Bevölkerung Indiens vor dem Impfstoff. Ein Großteil der Polio-Infizierten waren noch bis vor wenigen Jahren Muslime.

Hier galt es, Vorurteile abzubauen, Religionsoberhäupter einzubinden und immer wieder Eltern von Kindern über die Bedeutung der Impfung aufzuklären.

Nicht zuletzt bedurfte die Erfassungsstrategie mehrerer Überarbeitungen. So wurden Bahl zufolge 1999 Finger-Markierungen eingeführt. Seitdem markieren Impfhelfer nach jeder Polio-Impfung den kleinen Finger des geimpften Kindes mit einem schwarzen Marker, der einige Tage lang hält.

Um wirklich auch alle Kinder zu erreichen, war es ebenso wichtig, sorgfältig alle Häuser und kleinen Hütten zu markieren, die die Impfteams aufsuchen. Inzwischen, glaubt Dr. Surendra K. Pathyarch, im WHO-Büro in Uttar Pradesh für die Initiative verantwortlich, "haben wir das beste Erfassungsprogramm der Welt entworfen".

Seit dem 13. Januar 2011 gab es keinen einzigen Fall von Polio in Indien mehr. 2014 hat die WHO Indien gemeinsam mit den anderen südostasiatischen Ländern zur polio-freien Zone erklärt.

Allerdings, sagt Pathyarch, gebe es immer die Möglichkeit, dass das Virus zurückkehre. Es sei nie auszuschließen, dass doch irgendein Kind in Indien nicht gefunden wird. Dieses Kind würde dann - wie Rekha - zu den Verlierern zählen. Und im schlimmsten Fall viele andere mit ihm.
 
PPS-Syndrom: Vergessene Patienten

Die Zukunft von Polio-Betroffenen bleibt ungewiss. Einige Patienten können Jahrzehnte später operiert werden. Andere, die rehabilitiert schienen, leiden später plötzlich erneut an Schmerzen.

DELHI. Sachitannand lächelt ein wenig. Es ist ein bescheidenes Lächeln. Chirurgen am St. Stephen Krankenhaus in Delhi haben den 26-Jährigen vor einigen Tagen an der Hüfte operiert. Es folgte kurz darauf sein Knie. Es ist breiter als sein Oberschenkel, sein linker Fuß steht diametral vom Körper ab.

Sachitannand war ein kleiner Junge, als das Polio Virus ihn befiel. Das Virus greift die Nervenzellen an und kann innerhalb weniger Stunden zu Lähmungserscheinungen aller Muskeln führen. Es werden weitere Operationen folgen müssen, sagt Dr. Matthew Varghese, der die Polio-Abteilung am St. Stephen Krankenhaus in Delhi leitet.

Mit Hilfe von Physiotherapie sollen die Gelenke des Mannes wieder mobilisiert werden. Sachitannand steht ein langer, steiniger Weg bevor. Aber immerhin hat er es hierhin geschafft.

Die Polio-Abteilung am St. Stephen Krankenhaus der Hauptstadt ist die einzige Spezialabteilung für Polio-Opfer in ganz Indien - einem Land, in dem 1,25 Milliarden Menschen leben.

Die Ausstattung der Abteilung ist gemessen an europäischen Standards denkbar schlicht. In den zwei Zimmern, die explizit für Polio-Betroffene gedacht sind, stehen jeweils drei Stahl-Betten an jeder Seite, über denen eine Nummer hängt.
 
26 Millionen Behinderte

26 Millionen Menschen leiden nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Indien unter Behinderungen, ein Großteil davon sind Behinderungen des Bewegungsapparats.

Noch vor zehn Jahren waren es ganze sechs Millionen Menschen weniger. Wie viele dieser Behinderungen auf das Polio-Virus zurückzuführen sind, darüber gibt es keine Zahlen.

Seit 1990, erklärt Varghese, wurden mehrere Tausend Polio-Betroffene in dieser Spezialabteilung operiert, ein Großteil der Patienten waren Muslime. 18 Ärzte arbeiten in der Spezialabteilung, pro Operation müssen zwei bis drei Ärzte anwesend sein.

Alle diese Operationen, erklärt einer der Ärzte auf der Abteilung, würden an Patienten vorgenommen, die schon seit Langem Polio haben. Aber auch diese alten Fälle könnten korrigiert werden.

Im Untergeschoss des Krankenhauses werden Prothesen und Gehhilfen für die Patienten auf der Polio-Abteilung angefertigt. Fast eine Woche lang arbeiten die Techniker mit Hochdruck daran.

Dr. A. K. Agrawal ist ein drahtiger Mann in den Siebzigern. Der orthopädische Chirurg lebt in einem schlicht eingerichteten Haus in Uttar Pradeshs Hauptstadt Lucknow.

Vereinzelt, berichtet er, sei er noch an einem Lehrkrankenhaus tätig. Ansonsten schreibe er Bücher - auch das Lehrbuch "Essentials of Prothetics and Orthotics". Eines der Kapitel widmet sich der Polio-Erkrankung.
 
Einsatz ohne Honorar

Dass Agrawal unzähligen Polio-Opfern die Hoffnung auf ein lebenswertes Dasein geschenkt hat - und das ohne Geld dafür zu verlangen -, darüber spricht er nicht. In den 80er, 90er Jahren hat der Arzt nach Angaben von Rotary International 60 bis 70 Fälle von Polio-Betroffenen jeden Monat behandelt.

"Heute sind es Patienten mit dem Post-Polio-Syndrom, die zu mir kommen", sagt Agrawal. Frische Fälle seien nicht länger das Problem.

Mit dem Post-Polio-Syndrom (PPS) schien keiner so richtig gerechnet zu haben. Agrawal schätzt, dass PPS etwa 70 Prozent der während der Kindheit mit dem Polio-Virus infizierten Patienten betrifft.

International nachgewiesene Zahlen gibt es keine. Nicht einmal zehn Prozent der indischen Bevölkerung verfügen über eine Krankenversicherung, die eine Behandlung abdecken könnte.

Patienten mit PPS waren Kinder, als das Polio-Virus sie befiel. Damals, erklärt Agrawal, seien sie vollständig rehabilitiert gewesen. Jetzt, zwanzig, dreißig Jahre nach stabilem Verlauf meldet sich ihr Körper plötzlich wieder. Sie leiden unter einer schleichenden Abnahme von Kraft und Ausdauer.

Ihre Gelenke schmerzen, ihre Muskeln verlieren an Kraft, zum Teil kommt es zu Krämpfen. Manche stürzen vermehrt und können bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen, so Agrawal. Allen Patienten ist dem Chirurgen zufolge gemein, dass sie zunehmend müde sind und weniger belastbar.

Die Diagnose eines PPS erfolgt lediglich anhand von Schilderungen der Patienten und durch Ausschluss anderer Erkrankungen. Was Agrawal an Therapiemöglichkeiten aufzählt, klingt banal. "Sie sollen sich in die Sonne setzen und ihr Leben langsamer führen", sagt der Chirurg. (mam)

 
 

 
    26. 02. 2016  
 
Eine Gehhilfe, die mitdenkt
Peter Rüegg Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)
 

 
Der von ETH-Forschenden entwickelte Smart Walker unterstützt betagte Menschen in ihrer alltäglichen ...
Bild: Departement Informatik / ETH Zürich
 
Informatiker und Robotiker der ETH Zürich haben eine Roboter-Gehhilfe entwickelt, die Senioren mobiler macht. Nun wartet Smart Walker auf einen Industriepartner, der ihm zur Serienreife verhilft.
Wenn das Gehen immer schwieriger und beschwerlicher wird, verwenden etliche alte Menschen einen Rollator, eine Gehhilfe auf vier Rädern, auf die sie sich abstützen und die sie beim Gehen vor sich herschieben können. Die vorderen Räder sind lenkbar, die hinteren starr. Ein Körbchen für Einkäufe; Bremsen, damit das Gefährt bergab nicht davon rollt – so einfach ist ein Rollator ausgestattet.

Nun hat ein Team von Informatikern und Robotikern der ETH Zürich aus einem Rollator einen autonomen Roboter gemacht, den sie «Smart Walker» nennen. Das Ziel: Älteren Menschen das Gehen und Vorwärtskommen stärker zu erleichtern als dies ein normaler Rollator kann.

Wenig entwickeltes Gerät

Den Anstoss für die Entwicklung eines Roboter-Rollators gab Bertrand Meyer, Professor für Software-Engineering der ETH Zürich. «Die Idee kam mir, als meine Mutter eine solche Gehhilfe benutzen musste», sagt der Forscher. Rollatoren seien nach wie vor wenig entwickelte Geräte und für gebrechliche oder stark gehbehinderte Menschen nicht ideal.

So begann eine Gruppe aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, im Rahmen der Roboscoop-Initiative im Jahr 2012 an einer besseren Lösung zu arbeiten. Roboscoop ist ein Forschungsprojekt der Professur für Software Engineering der ETH Zürich und des iHomeLab der Hochschule Luzern; als beratendes Organ beteiligt ist auch das Autonomous Systems Lab (ASL) der ETH. Finanziert wurde das Projekt von der Hasler-Stiftung im Rahmen ihres Smart World-Förderprogramms.

Das Ziel von Roboscoop ist es, Technologien und Werkzeuge zur Entwicklung von Robotik-Programmen zu verbessern. Und der Smart Walker ist als eine der bedeutendsten Anwendungen aus diesem Projekt hervorgegangen. Vier Jahre nach Projektstart ist nun der Prototyp soweit, dass die Forschenden Industriepartner suchen können, um ihr Gefährt weiterzuentwickeln und zur Marktreife zu führen.

Sensoren, Antrieb und Recheneinheit

Der Smart Walker sieht zwar nach wie vor aus wie ein Rollator, er ist jedoch vollgepackt mit Prozessoren und Sensoren, die dessen Verhalten steuern.

So sitzt an der Unterseite der Lenkstange eine um 360 Grad schwenkbare 3D-Kamera, welche einerseits die Umgebung mustert, andererseits die Distanz des Benutzers zum Walker misst. Dieser Sensor erkennt zudem Gesten. So kann man dem Smart Walker ein Handzeichen geben, worauf er autonom, Einstiegsseite voran, zu seinem Besitzer rollt.

Sensoren sind auch an der Unterseite des Rahmens angebracht. Ein Laser-Sensor misst permanent den Abstand zu den Beinen und überwacht den Untergrund, um Hindernisse zu erkennen. Elektromotoren von Elektrofahrrädern, untergebracht in den Naben der Hinterräder, sorgen für Antrieb, sodass Benutzerinnen und Benutzern keine Kraft aufwenden müssen, um den Smart Walker vor sich herzuschieben. Die Geschwindigkeit passt sich automatisch an die des Benutzers an. Ein weiterer Sensor misst die Neigung der Gehhilfe, was beispielsweise in Steigungen dazu führt, dass die Elektromotoren mehr «Gas geben».

Gesteuert wird der Rollator über ein einfaches User-Interface: Ein Tablet auf der Lenkstange erlaubt es, zwischen zwei Modi zu wechseln. Im Assistenzmodus unterstützt der Walker den Benutzer beim Wenden und Bergauffahren, um den dafür nötigen Kraftaufwand zu minimieren. Im autonomen Modus agiert der SmartWalker wie ein autonomer Roboter: Er reagiert auf die Gesten des Benutzers und fährt ohne fremde Hilfe zu diesem hin.

Paralleles Rechnen als Grundstein

So einfach das Gerät aussieht, so komplex ist dessen Programmierung, gerade weil das Gerät mehrere Dinge gleichzeitig kann und tun muss. «Der Smart Walker wird durch eine Software gesteuert, die auf parallelem Rechnen beruht», betont Andrey Rusakov, Doktorand bei Meyer. Beim parallelen Rechnen überlappen sich die einzelnen Rechenaufgaben zeitlich. Normalerweise werden Berechnungen nacheinander durchgeführt. Die Programmierung von parallelem Rechnen ist extrem anspruchsvoll.

All die Elektronik, die diese Berechnungen erlauben, braucht Platz: Wie andere Rollatoren besitzt auch Smart Walker ein Körbchen. Bloss sind dort beim Smart Walker Elektronik und Batterie untergebracht. Für Einkäufe bleibt kaum Raum.

Gutes Testresultat

Die Forschergruppe hat ihren Roboter-Rollator in fünf Altersheimen der Stadt Zürich testen lassen. Ein Teil der 23 Probandinnen und Probanden war nicht nur geh- sondern auch sehbehindert oder sogar blind. Mehrere Testpersonen waren 90 Jahre alt oder älter. Die Befragung und Gerätetests leitete Meyers damalige Postdoc-Mitarbeiterin Jiwon Shin, eine der Hauptentwicklerinnen des Smart Walker.

Die Rückmeldung der freiwilligen Versuchsteilnehmer bestätigten die Forschenden in ihrem Vorhaben. «Die meisten Probandinnen und Probanden waren von Smart Walker begeistert», freut sich Meyer. Insbesondere fand die Mehrheit das Gehen mit zugeschaltetem Kontrollsystem als komfortabel. Insgesamt schnitt der Smart Walker im Vergleich mit einem normalen Rollator leicht besser ab.

Zu den wenigen Kritikpunkten zählten die Grösse und das Gewicht des Geräts. Es ist ziemlich sperrig, und das Herumfahren in engen Gängen eines Altersheimes oder in einem öffentlichen Verkehrsmittel empfanden die Testpersonen als umständlich. Hier wollen die Forschenden denn auch noch den Hebel ansetzen.

Nun suchen sie einen Industriepartner, welcher den Prototypen weiterentwickeln und zur Marktreife führen will. Der Preis für ein solches Gerät dürfte gegen 3000 Schweizer Franken betragen. Als Anwender kommen nebst den Seniorinnen und Senioren noch eine weitere Zielgruppe in Frage: «Das Gerät ist auch optimal für den Einsatz auf dem Golfplatz geeignet», sagt Meyer.
 
 

 
    25. 01. 2016  
 
Rechtsrahmen
Die primäre Aufgabe einer Hilfsmittelversorgung ist oft die Unterstützung der Rehabilitation, also der möglichst umfassenden Wiederherstellung von Gesundheit und Leistungsfähigkeit eines Menschen.
 
Sollte durch Unfall oder Erkrankung eine Behinderung jedoch bleiben und dadurch Hilfsmittel dauerhaft erforderlich sein, dienen sie zur möglichst weitgehenden Kompensation der Beeinträchtigung. Die Tätigkeiten im häuslichen, beruflichen und gesellschaftlichen Alltag sollen damit möglichst unabhängig ausgeführt werden können. Die Grundlagen für eine angemessene Hilfsmittelversorgung sind rechtlich geregelt und sehr komplex.
 
SGB V
Die für gesetzlich Versicherte wichtigste Vorschrift findet sich im Sozialgesetzbuch (SGB V). § 33 regelt den Anspruch auf eine Versorgung mit Hilfsmitteln, wenn diese dazu dienen, den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, eine drohende Behinderung vorzubeugen oder eine solche auszugleichen. Entscheidend ist, dass der Rollstuhl im Einzelfall seinem Nutzer dadurch zugute kommt, dass die Auswirkungen der Beeinträchtigung behoben oder zumindest gemildert werden. Dies ist auch dann gegeben, wenn es nur dadurch geschieht, dass die Pflege durch Dritte erleichtert wird. Auch Heimbewohner können so im Bedarfsfall einen individuellen Anspruch auf eine Versorgung mit Hilfsmitteln haben.
 
Medizinproduktegesetz (MPG)
Alle Medizinprodukte unterliegen in Deutschland dem Medizinproduktegesetz. Es stellt die Übertragung einer europäischen Richtlinie in nationales Recht dar. Ziel des MPG ist es in erster Linie, nur sichere Produkte für Patienten, Anwender und Dritte in den Verkehr zu bringen. Die Hersteller von Medizinprodukten haben demgemäß dafür Sorge zu tragen, dass alles getan wird, um der geforderten hohen Produktsicherheit gerecht zu werden. Daneben muss das Medizinprodukt selbstverständlich einen ausgewiesenen medizinischen Zweck oder therapeutischen Nutzen haben. Medizinprodukte werden dazu in verschiedene Klassen eingeteilt. Manuelle wie elektrische Rollstühle sind in die Produktklasse I (geringe Gefährdung) eingeordnet. Als äußeres Erkennungszeichen, dass ein Medizinprodukt den einschlägigen Rechtsvorschriften entspricht, stehen das CE-Zeichen als rechtverbindliche Kennzeichnungspflicht und der Hinweis auf die EU-Richtlinie 93/42/EWG für Medizinprodukte in der Bedienungsanleitung. Das CE-Zeichen ist ein unbedingtes Muss. Nur Sonderanfertigungen werden nicht mit einem CE-Kennzeichen versehen. Sie sind auf dem Typenschild separat als Sonderanfertigung zu kennzeichnen.
 
Hilfsmittelverzeichnis
Das Hilfsmittelverzeichnis ist in erster Linie eine Richtschnur für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Ein Hilfsmittel ist danach erforderlich, wenn sein Einsatz im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dazu gehören körperliche Grundfunktionen (z.B. Gehen), allgemeine Verrichtungen des täglichen Lebens (z.B. Einkäufe erledigen) und die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (z.B. die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben). Die einschlägige Rechtsprechung hat das letztgenannte Grundbedürfnis allerdings nicht im Sinne einer vollständigen Gleichstellung mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten eines gesunden Menschen interpretiert.
Die Krankenkassen prüfen entsprechend im Einzelfall, ob eine Leistungspflicht zur Sicherstellung solcher Grundbedürfnisse vorliegt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die GKV bei einem vollständigen oder teilweisen Verlust der Gehfähigkeit nur für einen Basisausgleich zu sorgen hat. Im Hilfsmittelverzeichnis selbst sind Produktstandards festgelegt, die Hilfsmittel erfüllen müssen, um dort gelistet zu werden. Es hat zwar lediglich Empfehlungscharakter, ist aber als Informations- und Orientierungshilfe in der Praxis von erheblicher Bedeutung. Insbesondere sind die im Hilfsmittelverzeichnis festgelegten Anforderungen an die Qualität der Versorgung und der Produkte zu beachten. Die Kassen können allerdings auch Kosten für Hilfsmittel übernehmen, die nicht explizit im Hilfsmittelverzeichnis gelistet sind.
 
Produkthaftung
Mit Einführung des Produkthaftungsgesetzes (ProdHaftG) Anfang 1990 hat sich die Haftungsfrage bei Produktfehlern sowohl für Händler als auch für Hersteller verschärft, denn Ziel dieses Gesetzes ist der verstärkte Verbraucherschutz. So gilt beispielsweise die so genannte verschuldensunabhängige Haftung, d.h. die Haftung wird unabhängig davon ausgelöst, ob dem schadenverursachenden Fehler ein schuldhaftes Verhalten zugrunde liegt oder nicht. Auch Händler können im Übrigen als haftungsverpflichtete Hersteller angesehen werden, z. B. durch die Anbringung des Namens-/Warenzeichens am Produkt. Importeure schließlich, die in den Wirkungsbereich der EU Waren einführen, haften bei fehlerhaften Produkten wie Hersteller.
Das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz (GPSG) trat 2004 in Kraft und löste das Produktsicherheitsgesetz und das Gerätesicherheitsgesetz ab. Es verpflichtet Hersteller, Importeure und Händler, nur sichere Arbeitsmittel und Verbraucherprodukte in den Verkehr zu bringen. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung dürfen durch sie Sicherheit und Gesundheit von Benutzern oder Dritten nicht gefährdet werden. Das GPSG gilt im Übrigen auch für das Inverkehrbringen von gebrauchten Produkten. In der Konsequenz können zuständige Behörden ggf. veranlassen, dass nicht sichere Produkte mit entsprechenden Warnhinweisen versehen werden oder den Rückruf bereits auf dem Markt befindlicher Produkte veranlassen.
 
Normen
Daneben gibt es europäische Normen, die spezielle Anforderungen an bestimmte Produkte regeln. Für Rollstühle sind das z.B. die EU-Normen DIN EN 12 182 und DIN EN 12 183 (manuelle Rollstühle) oder DIN EN 12 184 (Elektrorollstühle und Elektromobile), die detailliert vorgeben, was z.B. bei deren Entwicklung und Bau zu beachten ist. Eine Produktnorm hat nicht zwingend rechtsverbindlichen Charakter, wird jedoch häufig als Referenz bei Gesetzen oder Richtlinien angegeben, z.B. im Hilfsmittelverzeichnis.
 
Straßenverkehrsrecht
Beim Führen eines Elektrorollstuhls oder eines Elektromobils im öffentlichen Straßenverkehr sind die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zu beachten. Das sind vor allem die Straßenverkehrsordnung (StVO), die Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) und die Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Sämtliche Elektrorollstühle und -mobile sind danach Kraftfahrzeuge im Sinne der StVZO, sogar ein Zimmer-Elektrorollstuhl, der auf öffentlichen Wegen verwendet wird. Für das Fahren mit einem Elektrorollstuhl ist allerdings generell kein Führerschein erforderlich. Je nach vertraglicher Regelung bleibt im Übrigen der Kostenträger Halter des Elektrofahrzeugs. Beim Fahren auf öffentlichen Wegen sind ansonsten die üblichen Sicherheitshinweise und –bestimmungen zu beachten.
 
Versicherungsschutz
Elektrofahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 6 km/h sind ohne Zusatzkosten in der privaten Haftpflichtversicherung mitversichert. Dazu muss lediglich ein Antrag beim zuständigen Versicherungsunternehmen eingereicht werden. Alle Fahrzeuge, die mehr als 6 km/h bis maximal 25 km/h erreichen, müssen dagegen über eine separate Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung versichert werden und erhalten zum Nachweis ein Versicherungskennzeichen, das so genannte Mofaschild. Elektrorollstühle und -mobile über 6 km/h benötigen eine Betriebserlaubnis. Das dazu erforderliche TÜV-Gutachten erhält der Nutzer zusammen mit dem Fahrzeug. Das Beantragen der Betriebserlaubnis ist abhängig von der zuständigen Kfz-Zulassungsstelle.
Normalerweise reicht es aus, das TÜV-Gutachten dort hin zu senden. Die abgestempelte Betriebserlaubnis wird anschließend zugeschickt und ist bei Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr stets mitzuführen.
Fahrzeuge bis maximal 6 km/h Geschwindigkeit (d.h. ohne besondere Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung) sind über die private Hausratversicherung gegen Diebstahl versichert. Fahrzeuge, die ein Versicherungskennzeichen benötigen („Mofaschild“), können über eine Teilkaskoversicherung gegen Diebstahl versichert werden.
 
 

 
  Engpässe bei Gesundheitsamt Koblenz   15. 01. 2016  
 
Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient ist entscheidend
Wer sich im Raum Koblenz impfen lassen will, muss sich auf Wartezeiten einstellen. Denn derzeit sind nach SWR-Informationen viele Impfstoffe Mangelware, beispielsweise gegen Polio.
Ein großer Pharmahändler berichtet, dass er seit einiger Zeit oft nur einen Teil der bestellten Impfungen bekomme. Manchmal erhalte er nur 30 bis 50 Prozent der georderten Ware. Das betreffe nicht nur saisonale Impfstoffe wie Grippeimpfungen, sondern auch Impfungen gegen Mumps, Masern und Röteln. Auch Typhus-Impfungen seien vor der Jahreswende Mangelware gewesen.
Engpässe auch bei Gesundheitsamt
Das Koblenzer Gesundheitsamt gibt an, dass es erst am Donnerstag wieder Hepatitis A-Impfungen bekommen habe. Auf diese Lieferung habe es lange gewartet. Impfungen gegen Polio fehlen laut Koblenzer Gesundheitsamt nach wie vor. Auch Apotheken im Koblenzer Raum haben nach eigenen Angaben immer mehr Schwierigkeiten, die klassischen Impfstoffe zu besorgen.
Monopolisierung auf dem Markt
Das Problem knapper Impfstoffe beschränkt sich aber nicht nur auf das nördliche Rheinland-Pfalz, sondern es tritt bundesweit auf. Ein Erklärungsversuch ist, dass es weltweit nur noch wenige große Pharmahersteller gibt, die überhaupt noch Impfstoffe produzieren. Das heißt, wenn Schwierigkeiten bei der Produktion auftreten, gibt es nur noch wenige Hersteller, die es auffangen können.
Große Nachfrage
Aber auch die immer größer werdende Nachfrage ist ein Grund dafür, dass Impfstoffe knapp werden. Besonders Kinder von Asylbewerbern im Alter bis fünf Jahre sind oft nicht geimpft, wenn sie nach Deutschland kommen. Die Durchimpfung der Bevölkerung, beispielsweise in Syrien, habe vor einigen Jahren wegen der Kriegszustände aufgehört, erklärt Wolfgang Dötsch vom Koblenzer Gesundheitsamt. Das werde hier nachgeholt. Die hohe Zahl an Flüchtlingen sei aber nicht der Hauptgrund dafür, dass der Impfstoff knapp werde, so Dötsch.
 
 

 
  Oberlandesgericht Hamm   07. 01. 2016  
 
Aufklärungsgespräch zwischen Arzt und Patient ist entscheidend
Eine Aufklärungsrüge ist nicht allein nach dem Inhalt eines vom Patienten unterzeichneten Aufklärungsbogens zu beurteilen. Das Gericht hat vielmehr den Inhalt des persönlichen Aufklärungsgespräches zwischen Arzt und Patient aufzuklären, weil auf der Grundlage des tatsächlich geführten Gespräches und nicht allein anhand des Aufklärungsbogens zu entscheiden ist, ob der Patient vor einem ärztlichen Eingriff ordnungsgemäß aufgeklärt wurde. Das hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 09.11.2015 entschieden und damit das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Hagen im Ergebnis bestätigt.
Die 1948 geborene, klagende Patientin aus Bergisch Gladbach begab sich wegen anhaltender Kniebeschwerden in die Behandlung der beklagten Klinik in Lüdenscheid. Dort führten die mitverklagten Ärzte im Oktober 2010 eine Knieprothesenrevision durch, bei der eine gelockerte Schlittenprothese durch eine modulare Sonderprothese ersetzt wurde. Wegen anhaltender Kniebeschwerden - nach Darstellung der Klägerin ist sie heute dauerhaft auf Krücken oder einen Rollstuhl angewiesen - rügte die Klägerin u.a. eine behandlungsfehlerhafte Verletzung ihres Oberschenkelnervs während der Revisionsoperation sowie ihre unzureichende Risikoaufklärung. Entgegen dem Inhalt der Aufklärungsbögen sei sie vor der Operation über Risiken nicht aufgeklärt worden. Von den Beklagten hat die Klägerin Schadensersatz verlangt, u.a. eine ab Mai 2013 zu zahlende Schmerzensgeldrente von monatlich 1000 Euro neben einem Kapitalbetrag von 50.000 Euro.
Die Schadensersatzklage ist erfolglos geblieben. Nach der Entscheidung des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm stehen der Klägerin keine Haftungsanspräche zu.
Ihre Aufklärungsrüge greife, so der Senat, nicht durch. Dabei sei die Frage ihrer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht allein anhand des Aufklärungsbogens zu entscheiden. Es komme vielmehr auf den Inhalt des persönlichen Aufklärungsgespräches zwischen Arzt und Patient an, den der Senat auch durch die Anhörung der Klägerin und der beklagten Ärzte, durch die Zeugenvernehmung des Ehemanns der Klägerin sowie durch die ergänzende Anhörung der medizinischen Sachverständigen ermittelt habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin auch über das Risiko von Nervenschäden in der bevorstehenden Operation hinreichend aufgeklärt worden sei. Das bestätigten die Angaben der beteiligten Ärzte. Die Darstellung der Klägerin, mit ihr sei von Seiten der Beklagten nie über Risiken der Wechseloperation gesprochen, sei nicht glaubhaft und lebensfremd, nachdem der Klägerin erst im Vorjahr die Schlittenprothese implantiert worden sei. Mit dem Ergebnis dieser Operation sei sie nicht zufrieden gewesen, weil sie nach ihren Angaben kaum noch und nur unter Schmerzen habe laufen können. Selbst wenn man eine defizitäre Aufklärung der Klägerin über die Risiken einer Nervenverletzung unterstelle, führe dies nicht zur Haftung der Beklagten. Der Klägerin sei zudem der ihr - auch bei einem unterstellten Aufklärungsfehler - obliegende Nachweis, dass sich der Aufklärungsmangel verwirklicht habe und durch die Operation eine Nervenschädigung verursacht worden sei, nicht gelungen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei die Ursache des Nervenschadens nicht mehr zu klären, insoweit sei daher auch kein orthopädischer Behandlungsfehler in der beklagten Klinik festzustellen.
Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.11.2015 (3 U 68/15)
Christian Nubbemeyer, Pressedezernent
 
 

 
  Neue Bestimmungen im Gesundheitswesen   2016  
 
Was sich 2016 für Patienten ändert
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/neue-gesetze-was-sich-fuer-patienten-aendert-1.2794706
 
Patienten müssen sich 2016 auf ungewöhnlich viele Änderungen einstellen. Was Erleichterung bringt - und was nur auf dem Papier gut wirkt.
 
Überblick von Berit Uhlmann
 
 
Weniger Stress nach Klinik-Entlassung
Was sich ändert: Wer aus der Klinik entlassen wird, kann sich ein wenig Zeit lassen, ehe er sich beim Hausarzt um Rezepte und Krankschreibungen kümmert. Denn Kliniken dürfen den Kranken bei der Entlassung jetzt folgendes mitgeben:
  • Rezepte für die kleinste erhältliche Packung
  • Eine Krankschreibung für maximal sieben Tage
  • Verordnungen von nichtärztlichen Anwendungen wie Physiotherapie für maximal sieben Tage
  • Verordnungen von Krankenpflege für maximal sieben Tage
Was Sie wissen sollten: Die neue Regelung ist eine echte Erleichterung. Um davon zu profitieren, sollten Patienten rechtzeitig vor der Entlassung nach Bescheinigungen und Rezepten fragen.
 
Termine beim Facharzt
Was sich ändert: Niemand soll mehr monatelang auf einen Termin beim Facharzt warten oder stundenlang Praxen abtelefonieren müssen. Stattdessen helfen ab 23. Januar so genannte Terminservicestellen, einen Facharzt zu finden. Die Wartezeit bis zur angebotenen Konsultation darf maximal vier Wochen betragen. Patienten haben keinen Anspruch auf einen Wunscharzt, sondern bekommen einen Mediziner in "zumutbarer" Entfernung vermittelt. Sind keine Termine frei, werden sie zur ambulanten Behandlung an eine Klinik überwiesen.
Was Sie wissen sollten: Ob sich diese Dienstleistung bewährt, muss abgewartet werden. Verantwortlich sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), die im Vorfeld erkennen ließen, dass sie den Service eher als lästige Pflicht empfinden. Bis Ende Dezember haben die meisten KV noch keine Details zur Erreichbarkeit der Terminservicestellen bekannt gegeben. Auf jeden Fall sind Patienten nicht verpflichtet, den Dienst in Anspruch zu nehmen oder den vorgeschlagenen Termin wahrzunehmen.
Wohin wenden: Wer den Vermittlungsservice in Anspruch nehmen will, braucht eine Überweisung, auf der der Hausarzt die Dringlichkeit bestätigt. Eine Ausnahme sind Termine bei Frauen- und Augenärzten: Sie werden auch ohne Überweisung vermittelt. Für Psychotherapeuten gilt der Dienst bislang nicht. Alternativ können Patienten auch Bekannte um Empfehlungen fragen oder Ärzteverzeichnisse bei den Kassen einfordern. Die Ärztebewertungsportale im Netz sind dagegen häufig unzuverlässig.
 
Recht auf Zweitmeinung
Was sich ändert: Patienten wird nun vor bestimmten Operationen angeraten, eine Zweitmeinung einzuholen. Um welche Eingriffe es geht, war Ende Dezember noch nicht geklärt.
Was Sie wissen sollten: Von dieser Neuregelung sollten sich Patienten nicht allzu viel zu erhoffen. Denn sie haben bereits jetzt ein Recht auf eine Zweitmeinung - und zwar unabhängig von der Art der Erkrankung. Das neue Gesetz bezweckt eigentlich etwas anderes: Es will durch die Hintertür jene Operationen gründlicher prüfen lassen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie zu häufig durchgeführt werden. Patienten vor überflüssigen Eingriffen zu bewahren, ist durchaus löblich. Allerdings befürchten Verbraucherschützer, dass Kranke verunsichert werden. Die Verbraucherzentralen warnen bereits davor, dass der Eindruck entstehen könnte, dass das Recht auf Zweitmeinung ausschließlich für einzelne Operationen gelte.
Wohin wenden: Die Details der neuen Regelungen sind noch nicht geklärt. Unabhängig davon können Patienten aber jederzeit einen anderen Mediziner aufsuchen, um sich weiteren Rat einzuholen. Patienten haben ein Recht darauf, dass ihnen ihr Arzt die nötigen Befunde aushändigt.
 
Unabhängige Patientenberatung wird ausgebaut
Was sich ändert: Die Patientenberatung soll leichter erreichbar werden. Wochentags sind die Infotelefone bis 22 Uhr besetzt und auch samstags ist eine Beratung für all jene geplant, die Zweifel am Vorgehen ihrer Krankenkasse oder ihrem Arzt haben.
Was Sie wissen sollten: Die Patientenberatung erhält einen neuen Träger, bei dem Kritiker Interessenskonflikte befürchten. Verantwortlich für die heiklen Patientenfragen ist nun der Dienstleister Sanvartis GmbH, zu dessen Kunden auch schon Krankenkassen gehörten.
Wohin wenden: Der neue Träger übernimmt die Internetadresse und die Telefonnummern des alten Anbieters: http://www.patientenberatung.de. Wer eine andere Beratung möchte, kann es bei den Verbraucherzentralen versuchen, die zuvor zu den Trägern der Patientenberatung gehörten. Wer ihnen beim Verdacht auf einen Behandlungsfehler weiterhilft, lesen Sie hier.
 
Ratgeber Patientenrechte
Pflege bei Krankheit, Palliativversorgung
Übergangspflege im Krankheitsfall

Was sich ändert: Wer vorübergehend schwer erkrankt, bekommt - in der Regel für maximal vier Wochen - folgende Unterstützungen:
  • Eine Haushaltshilfe
  • Häusliche Krankenpflege
  • Kurzzeitpflege in einem Heim
Was Sie wissen sollten: Häusliche Krankenpflege und Haushaltshilfen stehen Versicherten unter bestimmten Bedingungen schon länger zu. Nun gelten etwas weniger strenge Kriterien.
Wohin wenden: Ansprechpartner sind die Krankenkassen. Ein Arzt muss bestätigen, dass die Leistungen notwendig sind.
Linktipp: Auch für Pflegebedürftige ändert sich 2016 einiges. Mehr dazu lesen Sie hier. Welche Pflegeleistungen Sie 2016 erhalten, erfahren Sie hier.
 
Palliativversorgung für alle
Was sich ändert: Sterben soll in Deutschland würdevoller werden. Von nun an hat jeder Todkranke das Recht auf Begleitung und Hilfe in seiner allerletzten Lebensphase. Dazu werden stationäre Hospize und ambulante Hospizdienste ausgebaut. Heime sollen Pflegekräfte schulen und mit Palliativmedizinern zusammenarbeiten.
Was Sie wissen sollten: Das Vorhaben ist so ambitioniert, dass Patienten nicht damit rechnen sollten, schon Anfang 2016 eine flächendeckende Sterbebegleitung vorzufinden. Der Mangel an Pflegekräften und geschulten Sterbebegleitern wird nicht so schnell zu beheben sein.
 
Palliativmedizin Was das neue Hospizgesetz bewirkt
Jeder Zweite stirbt in einem Krankenhaus, obwohl das die wenigsten möchten. Das Hospizgesetz, das der Bundestag nun beschlossen hat, soll das ändern. Die wichtigsten Neuerungen. Überblick
Wohin wenden: Die Krankenkassen sind mit dem neuen Gesetz verpflichtet worden, jedem Versicherten eine Beratung über die Möglichkeiten der Sterbebegleitung anzubieten. Dort können sich Versicherte über Angebote in der Umgebung informieren. Anbieter listet auch die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin auf.
Linktipp: Welche Form der palliativmedizinischen Behandlung Sie eines Tages in Anspruch nehmen wollen, können Sie in einer Patientenverfügung festlegen. Die wichtigsten Informationen gibt es hier.
 
Höhere Beiträge für Kassenpatienten, strengere Regeln für Sterbehilfe
Neues Gesetz Was der Beschluss des Bundestags zur Sterbehilfe bedeutet
Organisierte Sterbehilfe ist in Deutschland künftig verboten. Aber ist das neue Gesetz überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar?
Was sich ändert: Unheilbar Kranke werden besser vor unseriösen Angeboten zur Sterbehilfe geschützt. Wer Patienten wiederholt beim Sterben hilft, muss nun mit Haftstrafen rechnen.
Was Sie wissen sollten: Patienten oder Angehörigen droht keine Strafe, wenn sie sich für die Sterbehilfe interessieren. Es kann für sie aber künftig noch schwieriger als bisher werden, einen Arzt zu finden, der ihnen beim Suizid assistiert. Denn juristisch ist nicht ganz klar, was als "wiederholte" Sterbehilfe gilt. Ärzte werden nun vermutlich noch zurückhaltender sein, wenn Patienten sie um Hilfe bitten. Ehe sich die Kranken an Organisationen im Ausland wenden, sollten sie sich auf jeden Fall über Möglichkeiten der Palliativversorgung sowie des psychologischen und seelsorgerischen Beistandes informieren. Die Krankenkassen übernehmen derartige Beratungen.
 
Kassen verlangen höhere Zusatzbeiträge
Was sich ändert: Die meisten Krankenkassen erhöhen 2016 ihre Beiträge. Zwischen acht und 25 Euro mehr pro Monat werden von vielen Versicherten verlangt. Die Versicherungen reagieren damit auf die vielen Reformen, die die Große Koalition 2015 verabschiedet hat und die vermutlich mehr Geld kosten werden.
Was Sie wissen sollten: Erhebt eine Kasse einen Zusatzbeitrag, haben ihre Kunden ein Sonderkündigungsrecht. Es gewährt eine zweimonatige Kündigungsfrist. Kunden sollten sich jedoch genau informieren, ob andere Kassen wirklich günstiger sind - und zwar nicht nur in Bezug auf den Beitrag, sondern auch auf die Leistungen. Eine Übersicht über die Höhe der Zuschüsse aller gesetzlichen Krankenkassen gibt es hier.
Wohin wenden: Die Kündigung muss schriftlich an die Krankenkasse gerichtet werden. Ein Musterschreiben bieten die Verbraucherzentralen.
 
 

 
  Pressemitteilungen   13. 01. 2016  
 
Tote bei Anschlag auf Impfzentrum
(Tagesschau.de)
Bei einem Anschlag auf eine Polio-Impfstation im Südwesten Pakistans sind mindestens 15 Menschen getötet worden. Mehrere Tote gab es auch bei einem Anschlag auf das pakistanische Konsulat im afghanischen Dschalalabad.
 
Attentäter haben am Morgen Anschläge auf zwei pakistanische Ziele verübt. In der pakistanischen Stadt Quetta im Südwesten des Landes detonierte ein Sprengsatz vor einem Polio-Impfzentrum. Dabei wurden nach Polizeiangaben 15 Menschen getötet - unter ihnen zwölf Sicherheitskräfte. Mehr als 20 weitere Menschen seien verletzt worden. Zu der Tat bekannten sich die radikal-islamischen Taliban.
Pakistan hatte erst zwei Tage zuvor eine große Initiative zur Polio-Impfung von 2,4 Millionen Kindern unter fünf Jahren gestartet. Die Behörden erklärten, die Kampagne werde wie geplant fortgesetzt. Die als Kinderlähmung bekannte Krankheit ist in Pakistan noch immer verbreitet.
Häufig Anschläge auf Impfkampagnen
Trotzdem gibt es dem Land immer wieder Angriffe auf Mitarbeiter von Impfkampagnen. Insbesondere radikale Islamisten behaupten, die Maßnahmen dienten der Sterilisierung von Muslimen. Mitarbeiter von Impfkampagnen werden immer wieder verdächtigt, Spione der Regierung zu sein. Hintergrund dieser Vorwürfe ist unter anderem, dass ein Agent, der sich als Mitarbeiter einer Impfkampagne ausgegeben hatte, das Versteck von Osama bin Laden ausgekundschaftet hatte. Der frühere Al-Kaida-Führer war dort im Mai 2011 von US-Soldaten getötet worden.
Auch pakistanische Botschaft in Afghanistan angegriffen
Auch in Afghanistan gab es einen Anschlag auf eine pakistanische Einrichtung: Drei Attentäter griffen das pakistanische Konsulat in der Stadt Dschalalabad an. Dabei wurden nach Angaben der Behörden sieben Sicherheitskräfte getötet. Einer der Attentäter habe sich mit einer Bombe in die Luft gesprengt, die anderen beiden seien erschossen worden. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" bekannte sich zu dem Überfall.
Dschalalabad liegt auf der Hauptverbindungsstraße von Kabul nach Pakistan und wird immer wieder von Anschlägen erschüttert - meist durch Taliban-Kämpfer. 14 Jahre nach der Vertreibung von der Macht in Kabul sind die Islamisten in vielen afghanischen Regionen wieder in der Offensive. Beobachter vermuten, dass sie durch ihre Angriffe größere Zugeständnisse für mögliche Friedensverhandlungen erzwingen wollen.
Am Montag hatten Vertreter Afghanistans, Pakistans, der USA sowie Chinas im pakistanischen Islamabad mit Gesprächen begonnen, um einen Fahrplan für Friedensgespräche mit den Taliban auszuarbeiten.
 
 
Tote bei Anschlag auf Impfzentrum
2,4 Millionen Kinder wollte Pakistan gegen die gefährliche Kinderlähmung impfen. Aber nach einem Anschlag auf ein Impfzentrum in Quetta wird die Kampagne gestoppt.

(dpa) Bei einem Anschlag auf ein Zentrum für Impfungen gegen die Kinderlähmung in der Stadt Quetta im Südwesten Pakistans sind 15 Personen getötet worden. «Kinder sind nicht ums Leben gekommen», sagte ein Arzt im zivilen Krankenhaus der Stadt, der ungenannt bleiben wollte. Polizeisprecher Dilawar Khan sagte, bei der starken Explosion am Mittwoch seien 13 Polizisten und zwei Zivilisten gestorben. 25 Personen seien durch Bombensplitter verletzt worden, zwei von ihnen schwer - auch unter ihnen viele Sicherheitskräfte.
Immer wieder Angriffe durch Islamisten
Impfkampagnen werden in Pakistan schwer bewacht. Dutzende von Krankenschwestern, Impfhelfer und Polizisten wurden in den vergangenen Jahren bei Angriffen durch Islamisten getötet. Manche denken, die Impfungen seien eine Verschwörung zur Sterilisierung von Muslimen.
Das Gesundheitsministerium der Provinz teilte mit, die Impfkampagne werde bis auf weiteres gestoppt. Pakistan hatte erst zwei Tage zuvor eine grosse Initiative zur Polio-Impfung von 2,4 Millionen Kindern unter fünf Jahren gestartet. Pakistan und Afghanistan sind die einzigen Länder der Welt, in denen Kinder noch an der gefährlichen Kinderlähmung erkranken.
«Mindestens eine Sieben-Kilo-Bombe»
2015 war die Zahl der Neuerkrankungen stark gefallen, auf 51 Fälle im Vergleich zu 306 Fällen im Jahr 2014. Der Erfolg war vor allem auf Militäroffensiven gegen Extremisten zurückzuführen. Diese hatten lange unzugängliche Regionen für neue Impfkampagnen geöffnet.
Der Polizeichef von Quetta, Manzoor Sarwar Chaudhry, sagte: «Wir untersuchen noch, ob es die Tat eines Selbstmordattentäter war.» Es habe sich «mindestens um eine Sieben-Kilo-Bombe» gehandelt.

Fast zeitgleich gab es am Mittwochmorgen in der ostafghanischen Stadt Dschalalabad einen Anschlag nahe dem pakistanischen Konsulat, bei dem vier Polizisten getötet wurden. Anwohner berichten später noch von anhaltenden Schusswechseln.
 
 
Anschlag auf Polio-Impfzentrum in Pakistan - 15 Tote
Karachi (Reuters) - In Pakistan haben radikale Islamisten ihre Anschläge auf Impfstellen gegen die Kinderlähmung fortgesetzt.
Bei einem Angriff auf ein Poliozentrum in der Stadt Quetta kamen am Mittwoch nach Behördenangaben 15 Menschen ums Leben, die meisten von ihnen Polizisten. Es habe sich um einen Selbstmordanschlag gehandelt, sagte der Polizeichef der Provinz Baluchistan, Ahsan Mehboob, der Nachrichtenagentur Reuters. Zu dem Angriff bekannten sich zwei Islamistengruppen, die pakistanischen Taliban und Jundullah, die der Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) die Treue geschworen hat. Ein Jundullah-Sprecher kündigte weitere Angriffe auf Impfstellen an.
 
 
Gewalt gegen Polio-Impfungen in Pakistan
(dw) Immer wieder stören Attentate die Impfkampagne der pakistanischen Regierung gegen Kinderlähmung. Experten vermuten militante Islamisten als Drahtzieher und befürchten eine weitere Ausbreitung der Erkrankungen.
In Pakistan sind mindestens 15 Menschen, Mitarbeiter eines Polio-Impfteams und Polizisten, die sie schützen sollten, bei einem Bombenanschlag auf eine Impfstation in Quetta getötet worden. Die Bewegung der pakistanischen Taliban hat sich auf Facebook und in mehreren Briefen an Journalisten zu dem Anschlag bekannt. Der Anschlag ist der jüngste in einer langen, seit Jahren andauernden Serie von Anschlägen, Übergriffen und Einschüchterungen gegen Polio-Impfteams in Pakistan.
Die dreitägige Impfkampagne wurde an ihrem letzten Tag von dem Anschlag erschüttert. Nach einer kurzen Unterbrechung gaben die Behörden die Fortsetzung der Kampagne bekannt. Insgesamt 2,4 Millionen Kinder unter fünf Jahren sollen gegen Polio geimpft werden. Die pakistanische Nachrichtenseite dawn zitierte einen Arzt aus der Grenzregion: "Der Terror wird unsere Bemühungen Polio auszurotten nicht aufhalten."
Grenzgebiete besonders betroffen
Dabei ist Pakistan seit Jahren weitgehend auf sich allein gestellt. Bereits 2012 gab die Gesundheitsorganisation der Vereinten Nationen (WHO) ihr Engagement gegen Kinderlähmung in Pakistan auf, nachdem die Taliban zwei WHO-Mitarbeiter in der nordwestlichen Stadt Charsadda getötet hatten. Die UN-Organisation, die sich als Partner der pakistanischen Regierung verstand, sagte damals, dass die Entscheidung, das Impfprogramm auszusetzen, aufgrund der "sehr unsicheren" Situation in Pakistan getroffen wurde. Seither versucht die pakistanische Regierung die Impfkampagnen selbst durchzuführen, stößt dabei aber auf erheblichen Widerstand der Extremisten, insbesondere im Norden, wo das Land an Afghanistan grenzt.
Der Politiker Akhon Zada Chitan aus der Grenzregion verurteilt im Gespräch mit der Deutschen Welle die Angriffe auf die Impfstation scharf. "Es ist bedauerlich, dass Pakistan es nicht gelingt, Polio auszurotten. Wir haben Fehler gemacht. Etwa, dass wir eine Verbindung zwischen Polio und Religion hergestellt haben. Wir haben muslimische Religionsgelehrte gebten, sich für die Impfungen auszusprechen, aber wir hätten Ärzte und Gesundheitsexperten fragen sollen, denn es ist ein Gesundheitsthema."
Impfkampagne als Trojanisches Pferd
Die militanten Islamisten sind sehr stark im Nordwesten des Landes an der Grenze zu Afghanistan, aber ihr Einfluss ist in den vergangenen Jahren auch in den Großstädten Lahore im Osten und Karachi im Süden beträchtlich gewachsen. Die Taliban haben den Mitarbeitern der Impfkampagne das Leben extrem schwer gemacht, sagen Experten. Wenn die Impfkampagne scheitert, könnte das verheerende Konsequenzen für das Land mit sich bringen, die auch die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen.
Die Islamisten fürchten, dass der amerikanische Geheimdienst CIA ihre Führer, die im Untergrund leben, durch die Impfkampagne finden und töten könnte. 2011 hattte die CIA eine Impfkampagne als Trojanisches Pferd genutzt. Damals hatte der Arzt Shakil Afridi eine Hepatitis-Impfung durchgeführt, die die CIA zu Osama bin Ladens Versteck in Abbottabad geführt hatte, wo er von US-amerikanischen Spezialkräften erschossen wurde. Afridi wird vorgeworfen mit der CIA zusammengearbeitet zu haben. Er ist heute in Pakistan inhaftiert. Die Anklage lautet auf Verrat und Mord. Seither macht die Afridi-Affäre es der Regierung schwer, weitere Polio-Impfkampagnen durchzuführen.
"Dichteste Polioviren-Zone weltweit"
Kinderlähmung oder Poliomyelitis ist eine ansteckende, von Polioviren hervorgerufene Infektionskrankheit, die hauptsächlich Kinder im Alter zwischen drei und acht Jahren befällt. Sie kann zu bleibenden Lähmungserscheinungen bis hin zum Tod führen. Rechtzeitige Impfungen können den Ausbruch der Krankheit verhindern. Polioviren werden durch schlechte Hygienebedingungen, verschmutztes Wasser oder Nahrungsmittel übertragen.
Die mangelhafte Umsetzung von flächendeckenden Imfprogrammen hat dazu geführt, dass die Fälle von Kinderlähmung in Pakistan und auch im Nachbarland Afghanistan zugenommen haben. Beide Länder sind die einzigen der Welt, wo die Krankheit noch immer endemisch ist, das heißt konstant auftritt. Die nordwestliche Provinz Khyber Pakhtunkhwa gilt als die "dichteste Polioviren-Zone der Welt" .
 
 

 
    05. 01. 2016  
 
Tropfen für Tropfen zum Erfolg

 

 
Vor knapp 30 Jahren steckten sich jedes Jahr 200.000 Kinder in Indien mit Poliomyelitis an. Seit fast zwei Jahren gilt der Subkontinent als frei von Polio, dank eines Impfprogramms, dessen engmaschiges Netz einmalig ist.
 
Sachitannands Beine haben den Umfang seiner Unterarme, selbst seine Kniegelenke sind noch breiter. Seine Füße stehen rechtwinklig vom Körper ab. Der 26jährige liegt auf einem einfachen Bett im St. Stephen-Krankenhaus in Delhi. Es ist das einzige Krankenhaus des Subkontinents, das eine eigene Abteilung für die Operation von Polio-Patienten hat. Sachitannand zählt zu den 200.000 Menschen in Indien, die sich Ende der achtziger Jahre jedes Jahr mit Poliomyelitis angesteckt haben. Täglich waren es um die 1000 Kinder weltweit, die die Kinderlähmung traf. Mit etwas Glück wird der junge Mann nach einigen Operationen seine Beine wieder bewegen und seine Knie wieder strecken können. Mit etwas Glück erhält Sachitannand die Chance auf ein normales Leben.
Die Infektionskrankheit greift die muskelsteuernden Nervenzellen des Rückenmarks an und kann dadurch zu bleibenden Lähmungen bis hin zum Tod führen. Weltweit waren noch Ende der achtziger Jahre 350.000 Menschen gelähmt oder starben daran. In den meisten westlichen Industriestaaten konnte die Kinderlähmung bereits Anfang der 60er Jahre unter Kontrolle gebracht werden, so sank die Rate der Neuinfektionen etwa in Deutschland dank der Schluckimpfung um 99 Prozent. Bei letzterer kommen lebende Viren zum Einsatz, in Europa wird seit 1998 nur noch Totimpfstoff verwendet, der gespritzt wird. Bei den Impfkampagnen wie in Indien kommt weiterhin die Schluckimpfung zum Einsatz, weil sie kostengünstiger ist und weniger Schulungsaufwand erfordert.
 
Herausforderung Indien
 

 
Patienten in der Polio-Abteilung des St. Stephen-Krankenhauses in Neu Delhi

 
Dass ein Land wie Indien mit 1,25 Milliarden Menschen, mit 27 Millionen neugeborenen Babys jedes Jahr, in dem 23 Millionen Menschen in Tausenden von Zügen täglich Grenzen überschreiten, dass dieses Land es schaffen würde, ein solch gefährliches Virus eines Tages auszurotten, hatte zunächst kaum jemand geglaubt. Jedoch alarmiert durch die Geschwindigkeit, mit der sich das Virus ausbreitete, beschlossen 1988 die Hilfsorganisation Rotary International und die Weltgesundheitsorganisation (WHO), das Virus mit vereinten Kräften auszurotten.
Von der Geburtsstunde der "Global Eradication Initiative" von WHO, Rotary International, UNICEF und dem US-Center for Disease Control (CDC) noch im selben Jahr bis zum letzten Polio Fall in Indien vergingen 23 Jahre. Seit 2014 ist der Subkontinent laut WHO-Definition offiziell polio-frei. Nur in Afghanistan und Pakistan wurden in jüngster Zeit noch Neu-Infektionen gemeldet. Insbesondere im indischen Nachbarstatt Pakistan herrscht aufgrund hoher Patientenzahlen noch immer Sorge.
Die größte Herausforderung Indiens war es, alle Kinder zu finden, erzählt Dr. Sunil Bahl, im Regionalbüro der WHO in Delhi für Impfprogramme in Südostasien zuständig. "Jedes Haus und jedes Kind mussten auf unseren Karten dokumentiert sein, damit wir überhaupt mit Impfungen starten konnten."
 
Beispiellose Impf-Kampagne
 

 
Kinderlähmung auf dem Rückzug, aber nicht kontinuierlich

 
Im Laufe der letzten 20 Jahre setzte sich eine Impfmaschinerie in Gang, die ihresgleichen sucht. Zweimal jährlich finden seit Mitte der neunziger Jahre nationale Impf-Tage statt. Während dieser Kampagne werden mehr als 170 Millionen Kinder erreicht, mehr als 240 Millionen Häuser aufgesucht und sind rund 2,3 Millionen Impfärzte im Einsatz, berichtet Lokesh Gupta vom National Polio Plus-Ausschuss von Rotary International in Indien.
Darüber hinaus gibt es Gupta zufolge bis zu acht Mal jährlich Impfaktionen auf Ebene der Bundesstaaten, schwerpunktmäßig in den früher am meisten betroffenen Staaten Uttar Pradesh, Bihar und West-Bengal. Während jeder dieser Kampagnen werden rund 35 Millionen Kinder unter fünf Jahren geimpft, 34 Millionen Häuser aufgesucht und an die 100.000 temporäre Impf-Stationen aufgebaut. Rund 10.000 Impfteams sind darüber hinaus an Transitpunkten wie Bahnhöfen, Bushaltestellen, in Bussen, auf Autobahnen und auf Märkten im Einsatz.
 
Strategie ständig überarbeitet
 

 
Werbung für die Polio-Impfung in Pakistan. Von dort droht für Indien latent Gefahr einer erneuten Verbreitung des Virus

 
Dabei, berichtet Dr. S.K. Pathyarch, musste das Vorgehen vor jeder neuen Impfrunde überarbeitet werden. "Wir mussten die Tausenden von Impf-Helfern und Koordinatoren jedes Mal neu schulen", berichtet der WHO Mitarbeiter, der in Uttar Pradesh für die Überwachung des Polio-Projekts zuständig ist. Zudem markieren erst seit 1999 Helfer die Finger der Kinder als Zeichen für deren Impfstatus, erklärt Bahl. Seit 2005 gibt es eine Spezialstrategie für die 4,2 Millionen Kinder in Indien, die keinen festen Wohnsitz haben und ständig unterwegs sind. Erst seit einigen Jahren werden bei den Haus-zu-Haus- Impfungen im Rahmen der Impf-Tage Häuser mit einem Kreidestift markiert, in denen keiner anzutreffen war und die erneut aufzusuchen sind.
Eine der größten Herausforderungen war die skeptische Haltung von Muslimen gegenüber der Polio-Impfung, berichtet Maulana Khalid Rashid Farangi Mahli, Oberhaupt der islamischen Gemeinschaft in Uttar Pradeshs Hauptstadt Lucknow. Die Liste der Vorurteile unter den Muslimen war lang, deren Ängste groß. Die größte Sorge: ihre Kinder könnten durch die Impfung impotent werden. Das Engagement von lokalen Rotary Mitgliedern führte zur Gründung eines "Rotary Muslim Ulama Committee". Den Durchbruch brachte die Impfung von Mahlis eigenem Sohnes gegen das Polio-Virus vor laufenden Kameras vor neun Jahren. Innerhalb weniger Jahre, so Mahli, seien die Polio-Erkrankungen bei Muslimen auf null gesunken.
Eines ist den vielen Helfern und Mitarbeitern der engagierten Organisationen allerdings bewusst: "Es gibt immer die Möglichkeit, dass das Virus zu uns zurückkehrt", so bringt es Pathyarch auf den Punkt. Es reiche ein Kind, das sich an der Grenze zu Pakistan ansteckt und das durch das Raster fällt.
 
 
 

 
    15. 10. 2015  
 
Kein Antrag auf den Antrag mehr - Verordnung von Reha wird einfacher

 
Die Verordnung von medizinischer Rehabilitation wird deutlich einfacher. Das Formular 60 fällt ab 1. April 2016 weg. Damit ist kein „Antrag auf den Antrag“ mehr erforderlich. Auch dürfen dann alle Vertragsärzte Rehabilitationsleistungen verordnen.
 
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat die Änderung am Donnerstag auf den Weg gebracht. Die Rehabilitations-Richtlinie wurde entsprechend geändert.
 
Feldmann: Deutliche Entlastung für Praxen

„Wir haben erreicht, dass das von Ärzten immer wieder kritisierte zweistufige Verordnungsverfahren endlich abgeschafft wird“, betonte KBV-Vorstand Dipl.-Med. Regina Feldmann. Damit würden die Praxen deutlich entlastet.

Ab April 2016 können Vertragsärzte Rehabilitationsleistungen direkt auf dem Formular 61 verordnen. Das Formular 60 zur Einleitung von Leistungen zur Rehabilitation oder alternativen Angeboten entfällt. Bisher nutzen Ärzte das Formular, um vor der Verordnung prüfen zu lassen, ob die gesetzliche Krankenversicherung leistungsrechtlich zuständig ist. Diese Prüfung ist künftig nicht mehr vorgeschrieben.

Sollte sich ein Arzt bei einem Patienten nicht sicher sein, ob die gesetzliche Krankenversicherung leistungsrechtlich zuständig ist oder ein anderer Kostenträger, zum Beispiel die Unfall- oder Rentenversicherung, kann er dies vorab von der Krankenkasse klären lassen.

Dazu wird es einen neuen Teil A auf Formular 61 (Beratung zu medizinischer Rehabilitation / Prüfung des zuständigen Rehabilitationsträgers) geben, den der Arzt für seine Anfrage nutzen kann. Hierüber kann auch eine Beratung des Patienten durch die Krankenkassen veranlasst werden.
 
Künftig kann jeder Vertragsarzt Reha verordnen

Zudem kann künftig jeder Vertragsarzt eine medizinische Rehabilitation verordnen. Der Nachweis einer zusätzlichen Qualifikation ist nicht mehr erforderlich. Damit entfällt die bislang notwendige Abrechnungsgenehmigung.

Um die speziellen Kenntnisse in der Anwendung der ICF (Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit), die zwar weitestgehend Gegenstand der ärztlichen Weiterbildung sind, gegenenfalls zu erweitern und zu vertiefen, wird es zukünftig Fortbildungsveranstaltungen der Kassenärztlichen Vereinigungen geben.
 
Formular noch in Detailabstimmung

Derzeit erfolgen noch die Detailabstimmungen zur Anpassung des Formulars zur Verordnung einer Rehabilitation zwischen KBV und GKV-Spitzenverband. Die PraxisNachrichten werden – sobald diese abgeschlossen sind – darüber berichten.
 
Weiteres „Bürokratiemonster“ weg

Erst im Sommer konnte sich die KBV mit den Krankenkassen auf ein neues Formular zur Bescheinigung einer Arbeitsunfähigkeit einigen. Es löst ab Januar die Auszahlscheine für Krankengeld ab. Mit der Abschaffung des zweistufigen Verfahrens zur Verordnung von Rehabilitationsleistungen sei ein weiteres „Bürokratiemonster“ weg, sagte Feldmann.
 
„Antrag auf Antrag“ beim zweistufigen Verfahren

Das bisherige Verfahren sieht vor, dass Vertragsärzte vor der Verordnung einer Reha-Maßnahme zunächst prüfen lassen müssen, ob die gesetzliche Krankenversicherung leistungsrechtlich zuständig ist. Dafür nutzen sie das Formular 60, wodurch der „Antrag auf den Antrag“ zum Inbegriff von Überbürokratie avancierte. Erst dann erhalten sie von der Kasse das Formular 61 zur Ausstellung einer Verordnung.

Die Verordnung selbst dürfen nur Ärzte ausstellen, die dafür eine Genehmigung haben. Dies führt mitunter dazu, dass Patienten einen weiteren Arzt aufsuchen müssen, wenn ihr Arzt keine Genehmigung besitzt.
 
 
 

 
    31. 07. 2015  
 
Barrierefreiheit für kleine Bahnstationen

 
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt startet ein Modernisierungsprogramm für Bahnstationen im ländlichen Raum. Der Bund stellt 50 Millionen Euro zur Verfügung, um kleine Stationen (mit weniger als 1.000 Ein- und Aussteigern pro Tag) barrierefrei zu machen. Die Bundesländer werden gebeten, bis Herbst 2015 geeignete Projekte zu nennen. Der Deutsche Behindertenrat wird bei der Auswahl der Projekte eingebunden. Die vorgeschlagenen Stationen sollen innerhalb von drei Jahren - bis spätestens 2018 - barrierefrei umgebaut werden.

Alexander Dobrindt:
"Die Bahn kann das Verkehrsmittel des 21. Jahrhunderts werden. Dazu gehört auch die Modernisierung der kleinen Bahnstationen. Sie sind oftmals das Aushängeschild einer Gemeinde. Gerade im ländlichen Raum sorgen Nahverkehrszüge für notwendige Mobilität. Mit dem neuen Programm wollen wir den Zugang zu diesem Angebot entscheidend verbessern."

Erstmals werden auch kleine Stationen mit Bundesförderung barrierefrei gemacht. Das Finanzvolumen von Minister Dobrindts neuem Programm beträgt 50 Millionen Euro. 50 % der Kosten des barrierefreien Umbaus werden über dieses Programm gefördert.

Gerade in ländlichen Regionen, wo Nahverkehrszüge ein wichtiges öffentliches Verkehrsmittel darstellen, das die Anbindung der Regionen an die Zentren und damit Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sicherstellt, gibt es viele solcher kleiner Stationen. Mit der Modernisierung der kleinen Haltepunkte wird Menschen mit eingeschränkter Mobilität die Nutzung der Nahverkehrszüge erleichtert.
 
 
 
 
    03. 09. 2015  
 
WHO bestätigt zwei Polio-Fälle in der Ukraine

 
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zwei Fälle von Kinderlähmung in der Ukraine bestätigt. Zwei kleine Kinder aus dem Südwesten des Landes seien erkrankt, teilte die WHO in Genf mit. Dabei handele es sich um die ersten Fälle in Europa seit fünf Jahren. Den Angaben zufolge war 2014 lediglich die Hälfte der Kinder in dem Land gegen Polio geimpft. Kinderlähmung ist eine hoch ansteckende Krankheit. Sie trifft nach WHO-Angaben vor allem Kinder unter fünf Jahren. Eine von 200 Infektionen mit dem Poliovirus führt zu dauerhaften Lähmungen. Etwa fünf bis zehn Prozent der Gelähmten sterben, weil ihre Atemmuskeln unbeweglich werden. Die Krankheit ist unheilbar. Einer Ansteckung kann aber mit Impfungen vorgebeugt werden.

Die WHO hatte 1988 ein globales Programm zur Ausrottung der Kinderlähmung gestartet. Die Zahl der Infektionen ist seither um weit mehr als 99 Prozent zurückgegangen. In Deutschland gab es 1992 die letzten Polio-Fälle. In Europa hatte es 2010 einen Polio-Ausbruch in Tadschikistan gegeben. In dem Land und Nachbarstaaten starben 29 Menschen.
 
 
 
 
    01. 09. 2015  
 
Arzneimittel-Festbeträge

 
Der Festbetrag eines Arzneimittels ist der maximale Betrag, den die gesetzlichen Krankenkassen für dieses Arzneimittel bezahlen. Ist sein Verkaufspreis höher als der Festbetrag, tragen Patienten in der Regel die Differenz zum Festbetrag entweder selbst oder erhalten ein anderes - therapeutisch gleichwertiges - Arzneimittel ohne Aufzahlung.
Beim DIMDI können Sie aktuelle Festbeträge recherchieren und Vorversionen mit erläuternden Informationen kostenfrei herunterladen.
Recherche

Bei uns finden Sie für Arzneimittel mit Festbetrag passende Vergleichspräparate. Welche davon erstattungsfähig sind, erkennen Sie dabei an aktuellen Preisangaben. Die Datenbank wird 14-täglich aktualisiert.

Zur Festbetrags-Recherche
Festbetragsliste


In der Liste finden Sie die Festbeträge und ggf. selbst zu zahlende Differenzbeträge:

Festbetragsliste gültig ab 01. September 2015 (PDF, 4,3 MB)

Informationen zu Abkürzungen und der Berechnungsgrundlage

Der GKV-Spitzenverband aktualisiert die Übersichten der Festbeträge 14-täglich. Sie können sie jeweils rund eine Woche nach einem Stichtag (1. oder 15. eines Monats) beim DIMDI abrufen.

Ansprechpartner und Gewährleistung

Arzneimittel in der Festbetragsliste suchen

So suchen Sie gezielt in der Liste:

Suchfeld öffnen: gleichzeitig Tasten "Strg" und "F" drücken
Suchterm eingeben (z. B. Name des Arzneimittels oder PZN), danach "Enter" drücken
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Archiv

Festbetragslisten der letzten Jahre finden Sie in unserem Downloadcenter für Arzneimittel-Festbeträge:

Arzneimittel-Festbeträge im Archiv
 
 
 
 
    22. 06. 2015  
 
Kinderlähmung: Experten geben keine Entwarnung
Stille Übertragung auch noch Jahre nach der letzten Erkrankung möglich

 
Der Kampf gegen Kinderlähmung ist fast gewonnen. Laut einer Studie der University of Michigan http://umich.edu zur Übertragung des Virus wird der Kampf auch noch lange nach dem letzten gemeldeten Krankheitsfall weitergehen. Das Team um Micaela Martinez-Bakker empfiehlt daher neben Impfkampagnen eine sehr genaue Überwachung der Umwelt.

Impfen hilft, Löcher zu stopfen

Laut den in "PLOS Biology" http://journals.plos.org/plosbiology veröffentlichten Forschungsergebnissen kann sich das Virus sehr lange verbreiten, ohne dass Erkrankungen bekannt werden. "Wir können mithilfe von Transmissionsmodellen zeigen, dass es noch mehr als drei Jahre lang zu einer stillen Übertragung kommen kann, ohne dass ein einziger Krankheitsfall gemeldet wird", so Martinez-Bakker.

An Polio erkranken hauptsächlich Kinder unter fünf Jahren. Eine von 200 Infektionen führt zu irreversiblen Lähmungserscheinungen. 199 wurde in den USA der letzte natürlich aufgetretene Fall gemeldet. Laut der Weltgesundheitsorganisation erkrankten 2013 weltweit 416 Personen. Die Krankheit tritt aber immer seltener auf. 1988 war Kinderlähmung in 125 Ländern endemisch. Heute ist sie nur noch in Afghanistan, Nigeria und Pakistan verbreitet.

Ein Großteil dieses Rückgangs ist auf den Erfolg von Impfaktionen zurückzuführen. Den Studienautoren nach sind aber entscheidende Bereiche der Krankheitsübertragung noch immer nicht erforscht. Daher analysierten die Forscher Poliofälle in den USA aus der Zeit der Epidemien vor der Einführung der Impfungen. Zu den ausgewerteten Daten gehörten Geburtsstatistiken und die Bevölkerungsdaten aus allen Bundesstaaten. Damit konnte die Ökologie einer Infektion in einer Welt ohne menschliche Eingriffe untersucht werden.

Hohe Geburtenraten problematisch

Die Verbreitung der Kinderlähmung war in den USA 1952 am größten. In diesem Jahr wurden 57.000 Erkrankungen gemeldet. Umfassende Impfungen mit dem neuen Impfstoff fanden erst drei Jahre später statt. Zwischen den 30er- und 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts trat das Virus in den USA deutlich häufiger auf. Die Wissenschaftler gingen daher anfänglich von einer Entwicklung der Krankheit aus.

Diese Hypothese beruhte darauf, dass Verbesserungen in der Hygiene die Übertragung verringerten und die Last der Infektionen auf die dafür anfälligeren Kinder verlagerten. Damit sei, so die Wissenschaftler, auch die Wahrscheinlichkeit einer klinischen Manifestation angestiegen. Heute gehen die Forscher jedoch davon aus, dass diese Hypothese falsch war.

Stattdessen nehmen die Experten jetzt an, dass der Anstieg der Erkrankungen auf die höheren Geburtenzahlen nach dem Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist. Mehr Kinder hätten auch größere Ausbrüche ermöglicht. Die Wissenschaftler gehen auch davon aus, dass neben den 52.000 Erkrankungen im Jahr 1952 mehr als drei Mio. Menschen infiziert worden sind.
 
 
 
 
    15. 10. 2014  
 
Meldestelle für barrierefreie Fernlinienbusse nimmt Fahrt auf
 
Zum 1. Oktober hat die Meldestelle für barrierefreie Fernlinienbusse ihre Arbeit aufgenommen. Der Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., BSK, bietet damit die erste Anlaufstelle bei Fragen und Beschwerden für Reisende mit Behinderung. "Fernlinienbus-Betreiber sind gesetzlich verpflichtet, ab dem 1. Januar 2016 Neufahrzeuge einzusetzen, die barrierefrei sind", betont Ulf-D. Schwarz, Geschäftsstellenleiter beim BSK. "Unser konkretes Ziel ist es, die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Auge zu behalten. Darin ist die Herstellung der Barrierefreiheit verankert", sagt Schwarz. Julia Walter leitet die neue Meldestelle und ist auf die Resonanz gespannt: "Wir haben keine Erfahrungswerte darüber, von wem und wie häufig unsere Meldestelle frequentiert wird", sagt sie. "Für unseren Verband ist es jedoch wichtig, dass Reisende mit Behinderung eine kompetente Ansprechpartnerin haben, die ihnen bei allen Fragen zum Thema Reisen mit dem Fernlinienbus zur Seite steht", so Walter. Bis zur stufenweise Einführung der Barrierefreiheit bei den Fernlinienbussen ist die Meldestelle im Aufbau befindlich und wird als Ansprechpartner für die verschiedenen Akteure zur Verfügung stehen. Dies umfasst z.B. die Beratung von Reisenden mit Behinderung, Überprüfung der Barrierefreiheit der Fernlinienbusse durch Testfahrten, die Kontaktaufnahme mit allen Beteiligten (Fernlinienbus-Hersteller, -Betreiber, Politik) sowie das Ahnden von Missständen bei nicht barrierefreien Fernlinienbussen.
 
Die Meldestelle ist von Montag bis Donnerstag, 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr und Freitag von 9.00 Uhr bis 13.30 Uhr unter der Tel.: 030 8145268-53 Email: julia.walter@bsk-ev.org erreichbar.
 
 
 
 
    14. 10. 2014  
 
Freiverkäufliche Schmerzmittel nur kurzfristig einnehmen
Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident Selinka/Schmitz Public Relations GmbH
Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V.

 

 
Freiverkäufliche Schmerzmittel sind nicht harmlos«, warnt Dr. Gerhard Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin im Vorfeld der 17. Südwestdeutschen Schmerztage, die am 17. und 18. Oktober in Göppingen stattfinden. Studien, die auf der Tagung in Göppingen präsentiert werden, zeigen, dass weit verbreitete Schmerz- und Entzündungshemmer wie Diclofenac und Ibuprofen nicht nur schwere Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt und Herz-Kreislaufsystem verursachen, sondern bei Risikopatienten auch die Leber schädigen können.
 
Das freiverkäufliche Schmerzmittel Paracetamol gibt es seit einiger Zeit nur noch in Kleinpackungen, da es in höherer Dosierung die Leber schädigt und an höchstens vier bis fünf Tagen hintereinander eingenommen werden darf. Doch Paracetamol ist nicht das einzige freiverkäufliche Schmerzmittel, das Experten Sorgen bereitet. Auch weit verbreitete Schmerz- und Entzündungshemmer wie Diclofenac und Ibuprofen haben nicht nur unerwünschte Nebenwirkungen auf Magen, Darm, Herz und Kreislauf, sondern können auch die Leber schädigen – bis hin zum Leberversagen. «Und dies kann auch bei der üblichen therapeutischen Dosierung passieren, wie eine große Studie an sieben europäischen Transplantationszentren zeigt», erklärt Prof. Dr. Jürgen Borlak von der Medizinischen Hochschule Hannover. Weil schwere Leberschädigungen aber vergleichsweise selten sind, kann das Risiko in der Prüfungsphase eines Arzneimittels praktisch nicht nachgewiesen werden.
 
Mehrere Faktoren sind bedeutsam.
Fatal an diesen Leberschädigungen ist auch, dass sie durch das Zusammenspiel mehrerer Faktoren verursacht werden. Beteiligt ist nicht nur das toxische Potenzial der Medikamente. Bedeutsam sind auch die genetische Ausstattung eines Menschen, individuelle Stoffwechselprozesse, «absurde» Immunreaktionen auf das Medikament und nicht zuletzt Risikofaktoren wie Übergewicht und die hieraus oftmals resultierende Fettleber.

«Wir verstehen aber zunehmend besser, welche Menschen vor allem gefährdet sind», sagt Professor Borlak. Risikofaktoren sind Leberfunktionsstörungen, weibliches Geschlecht, ein Body-Mass-Index über 30, die Zuckerkrankheit Diabetes, Autoimmun-Hepatitis, eine Co-Medikation mit potenziell leberschädigenden Arzneistoffen, Life-Style Faktoren (Missbrauch von Alkohol, Drogen oder Arzneimitteln) sowie ein niedriger Spiegel des körpereigenen Radikalfängers Glutathion.

Suche nach Biomarkern.
Ebenso fahnden die Wissenschaftler nach einfach zu bestimmenden Biomarkern im Blut, die Hinweise auf das Risiko vor Behandlung mit einem Schmerzmittel geben können. «Zu diesen gehört beispielsweise das C-reaktive Protein, ein Entzündungsmarker, oder das Haptoglobin, ein Transportmolekül, das in der Leber gebildet wird», sagt Professor Borlak.

Chronische Schmerzen: Mechanismen analysieren.
»Patienten müssen darum wissen, dass freiverkäufliche Schmerzmittel ohne ärztliche Kontrolle nicht für den Langzeitgebrauch geeignet sind«, sagt Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin. Wenn Patienten unter wiederkehrenden oder chronischen Schmerzen leiden, spielt daher die Analyse des Schmerzmechanismus eine entscheidende Rolle. «Wenn ein Schmerz nicht durch eine Entzündung verursacht wird, müssen andere Schmerzmittel eingesetzt werden und keine Entzündungshemmer.» Eine hochkomplexe Erkrankung wie die Schmerzkrankheit bedarf darum einer komplexen Diagnostik und Therapie. Das belegt inzwischen eine Fülle von Forschungsergebnissen. So genannte multimodale Therapien, bei denen verschiedene medizinische und psychologische Strategien mit Bewegungstherapien kombiniert werden, sind Monotherapien überlegen, wie die Experten immer wieder betonen.

Die Therapie chronischer Schmerzen erfordert Experten.
Doch Spezialisten und Zentren, die solche Therapien anbieten, sind in Deutschland noch immer Mangelware: »Weder diese Spezialisten noch solche Zentren sind im System vorgesehen«, kritisiert Müller-Schwefe. Die Versorgung der Patienten müsse sich an deren Bedarf und nicht an falschen gesundheits- und standespolitischen Rahmenbedingungen oder den Facharztgrenzen orientieren. «Da chronische Schmerzen den ganzen Menschen betreffen ist ein einzelnes Fachgebiet damit auch überfordert», erklärt Müller-Schwefe. «Wir brauchen daher kurzfristig Rahmenbedingungen, welche die interdisziplinäre Zusammenarbeit und multidisziplinäre Zentren unterstützen aber langfristig brauchen wir den Facharzt für Schmerzmedizin.«
 
 
 
 
    06. 09. 2014  
 
Panne in Belgien
Polioviren in einen Fluss geraten

 

 
In Belgien sind Polioviren in einen Fluss gelangt - wegen einer Panne beim Pharmakonzern GlaxoSmithKline. Behörden und Unternehmen sagen, das Risiko für die Bevölkerung sei "äußerst gering".
 
Brüssel
- Ein Pharmakonzern hat in Belgien versehentlich mit Polioviren belastetes Wasser in eine Kläranlage entsorgt. Von dort gelangte die Lösung mit den Erregern in einen Fluss. Polio kann Kinderlähmung auslösen. An die Trinkwasserversorgung ist die Kläranlage jedoch nicht angeschlossen.
Der Vorfall geschah bereits am Dienstag südlich der Hauptstadt Brüssel, wurde aber erst am Samstag bekannt. Grund war ein Fehler beim Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline (GSK), wie die belgische Nachrichtenagentur Belga berichtete.
Ein Mitarbeiter habe sich bei der normalerweise automatischen Reinigung eines Tanks vertan, erklärte ein GSK-Vertreter gegenüber Belga. 45 Liter belasteter Flüssigkeit flossen deshalb zur Kläranlage. Die Firma habe die Behörden sofort informiert, die folgenden Analysen hätten aber mehrere Tage gebraucht.
Sowohl das Unternehmen als auch die Behörden betonen Belga zufolge, das Risiko für die Bevölkerung sei äußerst gering. Die Viren seien nur stark verdünnt in die Umwelt gelangt, zudem seien praktisch alle Menschen in Belgien gegen Kinderlähmung geimpft. Gleichwohl riet ein Sprecher des Gesundheitsamtes in der belgischen "Le Vif", sich vorerst vom Wasser des Flusses fernzuhalten.
 
 
 
 
    22. 08. 2014  
 
Polio-Impfungen schützen im Doppelpack besser
 

 
Wie lässt sich die Kinderlähmung endgültig ausrotten? Eine aktuelle Studie könnte die Antwort auf diese Frage vorantreiben: Demnach schützt die Kombination aus zwei Impfungen besser gegen das Polio-Virus als die einzelnen Vakzinen.
 

Ein kleines Kind erhält im Irak die Schluckimpfung: Schutz in Kombination mit Spritzimpfung noch besser

 
Das Polio-Virus schien zunehmend von der Welt zu verschwinden, bis vergangenes Jahr der Rückschlag kam. Der Erreger, der zur Kinderlähmung führen kann, verbreitet sich wieder. Von Pakistan gelangte er nach Afghanistan, von Syrien in den Irak, von Kamerun nach Äquatorialguinea. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie könnten dabei helfen, das Virus wieder zurückzudrängen.
 
Laut der Untersuchung mit knapp tausend Kindern im Alter von sechs Monaten bis zehn Jahren schützt die Kombination von zwei Impfstoffen besser vor der Kinderlähmung als die beiden einzelnen Mittel. Das berichtet ein Forscherteam um Hamid Jafari vom India National Polio Surveillance Project der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in Neu Delhi im Fachmagazin "Science".
 
Gegen den Erreger von Polio oder Poliomyelitis, auch Kinderlähmung genannt, gibt es zwei gängige Impfstoffe. In Deutschland verwenden Mediziner nur noch die Spritzimpfung (Salk), die inaktivierte Viren enthält. Weltweit deutlich verbreiteter ist die Schluckimpfung (Sabin), die durch abgeschwächte, aber noch funktionsfähige Erreger wirkt. Die Frage, welcher Impfstoff sich wann besser eignet, führt seit Langem zu Kontroversen.
 
Besserer Schutz, größeres Risiko

Die Schluckimpfung bringt im Vergleich zur Spritzimpfung viele Vorteile mit sich. Sie ist preiswert und leicht zu verabreichen. Außerdem reagiert bei der Impfung auch das Abwehrsystem der Darmschleimhaut stark auf den Erreger - der Geimpfte erlangt dadurch eine sogenannte Schleimhautimmunität und ist noch besser vor Polio geschützt.
 
Der größte Nachteil der Schluckimpfung ist jedoch, dass sie - obwohl sie abgeschwächte Viren enthält - in sehr seltenen Fällen (etwa ein bis zwei Fälle pro eine Million Erstimpfungen) Polio auslösen kann. Aus diesem Grund, und da das Virus in Europa als ausgestorben gilt, wird die Schluckimpfung in Deutschland nicht mehr routinemäßig verwendet. Stattdessen empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), allen Säuglingen, Kindern und Jugendlichen den inaktivierten Impfstoff zu spritzen.
 
In Ländern hingegen, in denen das Virus noch grassiert, und ein höheres Infektionsrisiko besteht, wird die Schluckimpfung nach wie vor häufig genutzt. Studien weisen jedoch darauf hin, dass die Schleimhautimunität schon kurz nach der Impfung wieder nachlassen kann. Um einen möglichst guten Schutz zu bieten, seien mehrere Dosen der Schluckimpfung notwendig, schreiben die Autoren der aktuellen Studie. Dies kann besonders in Krisenregionen zum Problem werden.
 
Beide Impfungen, höhere Schleimhautimmunität
 
Um eine Lösung dafür zu finden, prüften die Forscher, ob die Kombination verschiedener Vakzinen die Schleimhautimmunität erhöht. Hierzu verabreichten die Forscher fast tausend Kindern aus dem nordindischen Staat Uttar Pradesh zunächst entweder Salk, Sabin oder keine Impfung. Vier Wochen später erhielten alle die Schluckimpfung.
 
Jene Kinder, die zuerst die Spritz- und dann die Schluckimpfung bekommen hatten, erreichten nicht nur eine höhere Schleimhautimmunität im Vergleich zu den anderen Gruppen. Auch ein weiteres Problem der Schluckimpfung konnte die Kombination beider Impfstoffe lösen: Es reduzierte die Anzahl der Viren, die Kinder nach der Schluckimpfung natürlicherweise über den Stuhl ausscheiden.
 
Die Viren im Stuhl bringen zwar den Vorteil, dass sich Teile der Bevölkerung mit den Impfviren infizieren können und dadurch möglicherweise ebenfalls immun werden. In Ländern mit ungenügendem Polio-Impfschutz bergen sie jedoch auch die Gefahr, dass das ausgeschiedene Virus zu einer gefährlichen Form mutiert, wenn es zu lange kursiert.
 
"Die Spritzimpfung sollte genutzt werden, um in Ländern, die nur schlechten Zugang zu Impfungen haben, die Ausrottung des Virus zu beschleunigen", bewertet Studienleiter Jafari die Ergebnisse.
 
Internationale Polio-Notlage ausgerufen
 
Polio-Viren waren früher weltweit verbreitet. Durch Impfungen ist es jedoch gelungen, den Erreger massiv zurückzudrängen. Die Zahl der Länder, in denen Polio dauerhaft vorkommt, ist seit Beginn einer Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Jahr 1988 von 125 auf drei gesunken. Nur Nigeria, Pakistan und Afghanistan waren noch nie poliofrei.
 
Allerdings kommt es nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vor allem in Afrika jährlich zu einer Vielzahl an verschleppten Erkrankungen und Ausbrüchen in eigentlich poliofreien Gebieten. Nachdem sich Polio-Viren Anfang 2014 in zehn Staaten wieder ausgebreitet hatten - darunter auch vielen asiatischen -, hatte die WHO im Mai eine internationale Polio-Notlage ausgerufen. Bis 2018 sollte die Krankheit komplett verschwunden sein, so lautet das Ziel. In Deutschland wurden die letzten beiden importierten Polio-Fälle laut RKI 1992 registriert.
 
Die Infektion mit Polio-Viren kann sehr unterschiedlich verlaufen. In der Mehrzahl der Fälle entwickeln die Infizierten keine Symptome, möglich sind aber auch Magen-Darm-Beschwerden, Fieber, Kopfschmerzen oder eine Hirnhautentzündung. Eine von 200 Ansteckungen mit dem Krankheitserreger führt zu dauerhaften Lähmungen etwa von Bein-, Arm- oder Augenmuskeln.
 
 
 
 
    19. 08. 2014  
 
Rückschlag für Forscher
Kinderlähmung: Aggressiver Polio-Stamm immun gegen Impfstoff

 

 
Eine Impfung war lange das einzige, aber ein effektives Mittel gegen Kinderlähmung. Virologen haben jetzt einen Polio-Stamm entdeckt, der immun gegen den Impfstoff ist. Damit könnte das WHO-Ziel, die Welt von Polio zu befreien, in weite Ferne gerückt sein.
 
Gängige Impfstoffe gegen den Erreger der Kinderlähmung könnten gegen eine Variante des Virus unwirksam sein. Das berichtet ein internationales Forscherteam um Christian Drosten vom Institut für Virologie in Bonn. Die Wissenschaftler beschäftigten sich mit einer Variante des Erregers, die 2010 zu einem ungewöhnlich schweren Krankheits-Ausbruch in der Republik Kongo geführt hatte. Sie stellen ihre Studien-Ergebnisse in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften vor.
 
Symptome variieren stark
 
Kinderlähmung ist der umgangssprachliche Name für Poliomyelitis, kurz Polio. Diese Krankheit, die vor allem Kinder betrifft, kann dem Robert Koch-Institut (RKI) zufolge sehr unterschiedlich verlaufen. In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle gibt es gar keine Symptome, möglich sind aber auch Magen-Darm-Beschwerden, Fieber, Kopfschmerzen oder eine Hirnhautentzündung. Selten kann es aber zu einer Lähmung der Muskeln von Beinen, Armen, Oberkörper oder Augen kommen.
 
Die Erkrankung wird durch das Poliovirus hervorgerufen: einem kleinen, kugelförmigen Erreger, der durch Schmierinfektionen übertragen wird. Es gibt drei verschiedene Virus-Typen.
 
Nigeria, Pakistan und Afghanistan noch heute betroffen
 
Polioviren waren früher weltweit verbreitet. Durch die Einführung von Impfungen und ein Programm der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Polio-Ausrottung ist es jedoch gelungen, den Erreger massiv zurückzudrängen. Nigeria, Pakistan und Afghanistan sind heute die einzigen Länder, in denen das Poliovirus andauernd vorkommt. Allerdings kommt es nach RKI-Angaben vor allem in Afrika jährlich zu einer Vielzahl an verschleppten Erkrankungen und Ausbrüchen in eigentlich poliofreien Gebieten.
 
Mit einem solchen Ausbruch in der Republik Kongo beschäftigten sich nun die Wissenschaftler um Christian Drosten. Bei dem Vorfall im Jahr 2010 gab es nicht nur ungewöhnlich viele Todesfälle, auch das Alter der Patienten, die durch das Virus eine Lähmung erlitten, war vergleichsweise hoch. In ihrer Studie wollten die Forscher deshalb wissen, inwiefern sich das Virus im Kongo von anderen Polioviren unterscheidet und ob gängige Polio-Impfungen gegen den Erreger wirksam sind.
 
Veränderte Virus-Variante aus dem Kongo
 
Hierzu analysierten sie das Erbgut der kongolesischen Virus-Variante namens "PV1-RC2010". Es stellte sich heraus, dass dieser Erreger eine leicht veränderte Oberfläche im Vergleich zu anderen Polioviren hat. Außerdem untersuchten die Wissenschaftler das Blutserum von 24 Patienten, die bei dem Ausbruch im Kongo ums Leben gekommen waren. Erstaunlicherweise fand sich in fast allen Proben eine hohe Zahl von Antikörpern gegen alle drei Poliovirus-Typen – ein Hinweis dafür, dass die Betroffenen bereits vor dem Ausbruch in Kontakt mit Polioviren gekommen waren.
 
Antikörper sind Moleküle des Abwehrsystems, die an Krankheitserreger binden. Unter anderem können bestimmte Immunzellen die Keime so erkennen und angreifen. Antikörper werden gebildet, wenn sich ein Mensch mit einem Erreger wie dem Poliovirus infiziert oder wenn er gegen ihn geimpft wird.
 
Forscher rufen zur Überwachung
 
Um herauszufinden, wie gefährlich die kongolesische Virus-Variante ist, führten die Forscher einen sogenannten Neutralisationstest durch. Dabei wird das Virus zu einer Zellkultur gegeben. Im zweiten Schritt fügen sie zur Zell-Virus-Mischung ein Blutserum hinzu. Wenn sich in diesem Serum bestimmte Antikörper befinden, die es schaffen, an das Virus zu binden und es so zu neutralisieren, kann es nicht mehr in die Zellen eindringen und diese zerstören. Im letzten Schritt des Tests wird gemessen, inwiefern die Zellen vor der viralen Zerstörung geschützt wurden.
 
Die Forscher machten den Neutralisationstest mit dem Serum der 24 Verstorbenen und dem Serum von 63 Kontrollpersonen, die eine Polio-Impfung erhalten hatten – zwölf Probanden aus Gabun und 51 deutsche Testpersonen. In vielen Serumproben waren die Antikörper bei "PV1-RC2010" deutlich inaktiver im Vergleich zur Reaktion gegenüber anderen Polioviren. Einige der Kontrollpersonen wären dem Ergebnis des Tests zufolge trotz ihrer Polio-Impfung sogar schutzlos gegenüber der kongolesischen Virus-Variante gewesen. Drosten und seine Kollegen vermuten, dass die Antikörper nicht so gut an die leicht veränderte Oberfläche von "PV1-RC2010" binden können.„Wir schätzen, dass jeder Fünfte unserer Testpersonen von dem neuen Polio-Virus hätte infiziert werden können, vielleicht sogar jeder Dritte“, sagt Drosten.
 
Die Wissenschaftler rufen zur Überwachung von Virus-Varianten in der Umwelt und im klinischen Bereich sowie zu einer ausdauernden Durchimpfung auf. Nur so könne das WHO-Ziel erreicht werden, die Welt von Poliomyelitis zu befreien.

 
 
 
 
    29. 07. 2014  
 
Krankenkassen dürfen keine Zuzahlungen für die Bewilligung einer Wunschklinik des Patienten fordern
 

 
Aktuell verlangen Krankenkassen von den Patienten bei stationären Rehabilitationsmaßnahmen oft Zuzahlungen, wenn der Patient in eine bestimmte Klinik will.
 
Beim Arbeitskreis Gesundheit e. V. (AKGES) häufen sich die Beschwerden von Patienten, in denen Krankenkassen ihre Versicherten in ihre sogenannten “Vertragskliniken” einweisen wollen. Die Genehmigung der vom Patienten gewünschten Klinik wird von einer Zahlung des Patienten von bis zu 3.000 € abhängig gemacht, wobei die Krankenkasse die bessere medizinische Eignung der vorgeschlagenen Klinik außer Acht lässt.
 
Wie der Geschäftsführer des AKGES Ingo Dörr mitteilt, ist dieses Vorgehen regelmäßig rechtswidrig: “Die Krankenkasse darf für eine medizinisch geeignete Klinik nichts zusätzlich vom Patienten verlangen. Das hat das Bundessozialgericht mehrfach unter Berufung auf das Sachleistungsprinzip entschieden. Hiermit ist die immer häufigere Praxis von Krankenkassen nicht vereinbar, die ihren Versicherten glauben machen wollen, der Patient müsse die “Vertragsklinik” seiner Krankenkasse akzeptieren, oder eine Zuzahlung leisten für seinen medizinisch begründeten Wunsch nach einer bestimmten Klinik.”
 
Fast alle Rehabilitationskliniken in Deutschland haben einen sogenannten “Versorgungsvertrag” mit der gesetzlichen Krankenversicherung abgeschlossen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die vom Patienten vorgeschlagene Klinik durch Zusatzvereinbarungen “Vertragsklinik” seiner Krankenkasse ist, wenn der Patientenwunsch medizinisch begründet ist.
 
Betroffene Patienten erhalten auf der Homepage des AKGES (http://www.Arbeitskreis-Gesundheit.de) weiterführende Informationen.
 
Der Arbeitskreis Gesundheit ist ein gemeinnütziger Verein, der die Öffentlichkeit über Fragen der medizinischen Rehabilitation informiert.
 
 
 
 
 
 
    24. 06. 2014  
 
Polio in Brasilien nachgewiesen
 

 
GENF.
In Brasilien ist erstmals seit 1989 wieder Kinderlähmung nachgewiesen worden.
 
In einem Abwasserrohr des Flughafens in Campinas fand sich das hoch ansteckende Poliovirus. Das meldet die Weltgesundheitsorganisation. Bislang seien keine Infektionen gemeldet worden. Das Übertragungsrisiko werde insgesamt als gering eingestuft, da 95 Prozent der Bevölkerung in der Region geimpft seien. In Campinas haben die portugiesische als auch die nigerianische Fußball-Nationalmannschaft ihr Quartier.
 
 
 
 
    07. 05. 2014  
 
Afrika und Naher Osten
Warnung vor Polio

 

 
DÜSSELDORF.
In Afrika und im Nahen Osten sind in den vergangenen Monaten vermehrt Infektionen mit Poliomyelitis registriert worden
Das CRM Centrum für Reisemedizin empfiehlt daher Erwachsenen für die Region eine einmalige Polio-Auffrischimpfung, und zwar vor Reisen nach Kamerun, Äthiopien, Nigeria, Kenia, Äquatorialguinea, Somalia, Israel, Syrien, Afghanistan, Irak und Pakistan.

Bei mitreisenden Kindern sollten der Impfstatus geprüft und fehlende Impfungen nachgeholt werden, so das CRM in einer Mitteilung.

In Kenia wurden 2013 14 Polio-Fälle registriert, in Somalia 194. In Israel gab es Poliowildviren (Serotyp 1) im Abwasser. Erkrankungen traten dort bisher nicht auf, aber es gab asymptomatische Virusträger. (eis)
 
 
 
 
    07. 05. 2014  
 
Mit dem Krieg kommt die Lähmung
 

 

2011 kürte Unicef dieses Bild einer Polio-Impfung in Nigeria zum Foto des Jahres. Nun breitet sich das Virus erneut aus.
(Foto: Mary F. Calvert)

 
Die fast schon besiegte Kinderlähmung breitet sich vor allem in Krisengebieten wieder aus. Das ist nicht nur ein Rückschlag im Kampf gegen die Krankheit, sondern eine Bedrohung für andere Staaten. Warum die WHO so stark Alarm schlägt.
Von Werner Bartens

Wenn in Kriegsgebieten die öffentliche Ordnung und die Infrastruktur zusammenbrechen, beschränkt sich die Gesundheitsversorgung meist auf die Verletzten, Verbrannten und Verschütteten - sofern dies überhaupt möglich ist. Vorsorge oder gar Impfkampagnen finden dann allenfalls notdürftig in den Behelfslagern von Hilfsorganisationen statt. Vor diesem Hintergrund ist der aktuelle Warnruf der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht nur ein medizinisches, sondern auch ein politisches Warnsignal.

Gleich in mehreren Ländern ruft die UN-Behörde den gesundheitlichen Notstand aus, weil sich von dort aus die Kinderlähmung wieder erschreckend stark verbreitet (Public Health Emergency of International Concern). Als "außerordentlich ernst" und "Bedrohung für andere Staaten" werten die Gesundheitsexperten die Vermehrung des Polio-Erregers.

Ende April hatten sich Ärzte und Epidemiologen der WHO mit Kollegen aus Afrika und Asien beraten. Die Verbreitung von Polio hat dort offenbar so zugenommen, dass die WHO jetzt die Alarmglocke läutet. "Alle Experten waren sich einig, dass der Notruf gerechtfertigt ist", sagt Marsha Vanderford von der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC.

Besonders in Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan und Nigeria hat sich das Virus zuletzt stark vermehrt und ist in andere Länder übertragen worden. Für Seuchenexperten ist dies ein Rückfall, denn bis 2012 verlief die Eindämmung der Kinderlähmung erfolgreich, sodass es als realistisches Ziel erschien, neben den Pocken eine weitere Infektionskrankheit weltweit auszurotten.

Die Seuchenmediziner sind besonders enttäuscht über den Rückschlag, weil sich die sogenannten wilden Polio-Stämme zuletzt wieder stark vermehrt hatten. Als wilde Stämme werden solche Viren bezeichnet, die sich über Jahrtausende im Verlauf der Evolution entwickelt haben, aber nicht plötzlich neue Wirte befallen oder durch unerwartete Mutationen deutlich gefährlicher geworden sind, wie es beispielsweise bei den Erregern der Vogel- oder der Schweinegrippe der Fall war. Die wilden Virenstämme sind gleichsam alte Bekannte und mithilfe der seit Jahrzehnten bewährten Impfstrategien gegen Polio gut zu bekämpfen.
 
 
 
 
    13. 02. 2014  
 
IQWiG stellt überarbeitetes Portal mit Gesundheits­informationen vor

 
Köln, Donnerstag, 13. Februar 2014
Sein Patientenportal „gesundheitsinformation.de“ mit evidenzbasierten Informationen für medizinische Laien hat das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) überarbeitet. „Der Themenkatalog ist mittlerweile so gewachsen, dass eine umfassende Neustrukturierung des Portals nötig war“, hieß es aus dem IQWiG.
 
„Denn gerade wer krank ist oder sich um einen Angehörigen Sorgen macht, braucht verlässliche und verständliche Informationen. Die bietet gesundheitsinformation.de“, sagte Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU), Pflege- und Patientenbeauftragter der Bundesregierung. Solche Informationen könnten das Gespräch mit dem Arzt sinnvoll ergänzen.
 
„Wer eine Antwort sucht, möchte sich schnell orientieren. Deshalb ist jedem Thema jetzt ein Überblick vorangestellt“, erklärte Klaus Koch, Leiter des Ressorts Gesundheits­information beim IQWiG. Die neue Struktur, das klare Design und eine intelligente Suche erleichterten die Orientierung. Wenn jemand zum Beispiel den Namen einer Erkrankung nicht genau kenne, mache die Suche passende Vorschläge. Außerdem habe das IQWiG großen Wert auf Barrierefreiheit gelegt: Die Website ist zugänglich für technische Hilfsmittel, mit denen sich zum Beispiel Menschen mit Sehbehinderung Inhalte vorlesen lassen können.
 
Alle Texte können jetzt auch mit einem Smartphone oder Tablet abgerufen werden und passen sich flexibel dem jeweiligen Gerät an. „Das IQWiG hat keine kommerziellen Interessen. Es ist gemeinnützig, wissenschaftlich unabhängig und stellt gesundheitliche Informationen für alle Bürger zur Verfügung – im gesetzlichen Auftrag“, so Koch.
 
Das Angebot von gesundheitsinformation.de soll in den nächsten Jahren noch deutlich wachsen. „Unser Ziel ist es, nach und nach Informationen zu einem breiten Katalog von häufigen Erkrankungen aufzuarbeiten“, sagte Jürgen Windeler, Leiter des IQWiG.
 
 
 
 
    Koalitionsvertrag:
Was Union und SPD in der Gesundheitspolitik vorhaben
 
 
    29. 11. 2013  
 
BAG SELBSTHILFE trifft Bundespräsident Joachim Gauck am
3. Dezember 2013, dem Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung.

 
Düsseldorf, 29. November 2013
Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember 2013 möchte die BAG SELBSTHILFE die Einladung ins Schloss Bellevue nutzen, um mit Bundespräsident Joachim Gauck über die wichtige Teilhabe von behinderten Menschen in unserer Gesellschaft und die Rolle der Selbsthilfe in der Zivilgesellschaft zu sprechen.
 
„Wir freuen uns sehr über diese Gelegenheit, denn in Deutschland leben rund neun Millionen Menschen mit einer Behinderung, sodass die volle Entwicklung der Teilhabe behinderter Menschen in einer inklusiven Gesellschaft eine große Herausforderung für uns alle ist“, macht Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE, deutlich. „Die Rechte von Menschen mit Behinderung sind zwar in der UN-Behindertenrechtskonvention festgehalten, von einer inklusiven Gesellschaft sind wir aber auch in Deutschland noch weit entfernt. Das Fachgespräch mit dem Bundespräsidenten wird eine gute Gelegenheit bieten, sich über Fortschritte auf dem Weg dorthin, aber auch über bestehende Problemlagen auszutauschen.“

Die BAG SELBSTHILFE als Dachverband von 115 Mitgliederorganisationen chronisch kranker und behinderter Menschen setzt sich seit mehr als 40 Jahren mit Projekten und Aufklärungskampagnen für das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen ein.

1993 wurde der Internationale Tag der Menschen mit Behinderung von den Vereinten Nationen zum ersten Mal ausgerufen. Weltweit finden an diesem Tag Veranstaltungen statt, die auf Defizite im gesellschaftlichen Miteinander aufmerksam machen sollen.

Burga Torges
Referatsleitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
BAG SELBSTHILFE
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.

Kirchfeldstraße 149
40215 Düsseldorf
Fon: 0211 3100625
Fax: 0211 3100634
http://www.bag-selbsthilfe.de
e-Mail: burga.torges@bag-selbsthilfe.de
 
Die BAG SELBSTHILFE mit Sitz in Düsseldorf ist die Dachorganisation von 115 bundesweiten Selbsthilfeverbänden behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen. Darüber hinaus vereint sie 13 Landesarbeitsgemeinschaften und 5 außerordentliche Mitgliedsverbände.
Der BAG SELBSTHILFE sind somit mehr als 1 Million körperlich-, geistig-, sinnesbehinderte und chronisch kranke Menschen angeschlossen, die sowohl auf Bundes- und Landesebene tätig sind als auch auf lokaler Ebene in Selbsthilfegruppen und Vereinen vor Ort.
Selbstbestimmung, Selbstvertretung, Integration, Rehabilitation und Teilhabe behinderter und chronisch kranker Menschen sind die Grundsätze, nach denen die BAG SELBSTHILFE für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung behinderter und chronisch kranker Menschen in zahlreichen politischen Gremien eintritt.
 
 
 
 
    08. 11. 2013  
 
Forscher warnen:
Kommt die Kinderlähmung zurück nach Europa?

 
Tübingen
Forscher warnen vor wachsender Polio-Gefahr in Europa: In Israel mehren sich die Infektionen, in Syrien kam es sogar zu Krankheitsfällen. Es wird zu stärkeren Kontrollen geraten.
Die Kinderlähmung könnte Jahre nach dem letzten Fall in Europa aus Expertensicht über Syrien wieder zurückkehren. Für Israelurlauber bestehe ebenfalls ein verstärktes Infektionsrisiko, schreiben der Epidemiologe Martin Eichner von der Universität Tübingen und Stefan Brockmann vom Reutlinger Kreisgesundheitsamt in der Fachzeitschrift "Lancet".
Während in Israel bisher nur vermehrt Infektionen mit dem Poliovirus aufgetreten seien, habe die WHO in Syrien bereits einen Ausbruch mit mindestens zehn Krankheitsfällen bestätigt. Bereits vor den derzeitigen politischen Wirren habe 2011 die Impfquote in Syrien nur bei rund 75 Prozent gelegen, sagte Eichner der Nachrichtenagentur dpa.
Auf einen Krankheitsfall kämen zudem häufig Hunderte oft unbemerkt Infizierte. Daher gelte es, das weitere Ausbreiten der Erreger zu verhindern. Wegen einer geringen Impfrate seien in Europa die Länder Bosnien-Herzegowina, die Ukraine und Österreich besonders gefährdet.
Die Forscher wollen ihre Arbeit jedoch nicht als Beitrag in der Debatte um die Aufnahme von syrischen Flüchtlingen gedeutet wissen. Flüchtlinge werden bei der Ankunft in Deutschland in Aufnahmestellen auf Krankheiten untersucht, und es wird ihnen zu einer Impfung geraten, erklärte Brockmann. In Israel gebe es wieder mehr Schluckimpfungen. Die Forscher raten dennoch, in Gegenden mit vielen syrischen Flüchtlingen verstärkte Kontrollen in Erwägung zu ziehen.
 
Imfkampagne gestartet
Nach dem Ausbruch der Kinderlähmung haben die Vereinten Nationen eine große Impfkampagne in dem Bürgerkriegsland und in sechs weiteren Ländern der Region gestartet. In Syrien seien bereits rund 650.000 Kinder gegen Poliomyelitis geimpft worden, teilten die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef am Freitag in Genf mit. 116.000 von ihnen lebten im Kampfgebiet Deir al Sur im Nordosten. Mit der Kampagne sollen 20 Millionen Kinder vor der gefährlichen Viruserkrankung geschützt werden.
Die WHO hatte Ende Oktober mehrere Fälle von Kinderlähmung in Syrien bestätigt, obwohl die Krankheit dort seit 1999 als ausgerottet galt. Von 22 Verdachtsfällen in Deir al Sur wurden zehn bestätigt.
 
 
 
 
    29. 10. 2013  
 
Kinderlähmung in Syrien ausgebrochen

 
Genf (dpa) - Mitten im Bürgerkrieg ist in Syrien die Kinderlähmung ausgebrochen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestätigte am Dienstag, dass die lebensgefährliche Krankheit in bislang zehn von 22 Verdachtsfällen im Nordosten Syriens bestätigt wurde.
 
Es handele sich um das erste Auftauchen dieser von Polioviren verursachten Krankheit in Syrien seit 14 Jahren, erklärte WHO-Sprecher Oliver Rosenbauer. Symptome der Kinderlähmung seien in der Provinz Deir as-Saurbei bei 12 weiteren Patienten festgestellt worden; die endgültigen Ergebnisse lägen aber noch nicht vor. Die Experten führen den Ausbruch mit auf den Bürgerkrieg zurück. Die Patienten - alle sind Babys oder Kleinkinder bis zwei Jahren - seien «nicht hinreichend geimpft» worden
 
Bevor der Konflikt vor mehr als zwei Jahren ausbrach, waren in Syrien nahezu alle Kinder gegen Polio immunisiert. Die Krankheit war dort zuletzt 1999 registriert worden. Als ansteckende Krankheit verbreite sich Polio mit Bevölkerungsbewegungen stärker, hieß es bei der WHO. Der Krieg hat Hunderttausende in die Flucht getrieben. Nach dem Auftauchen erster Verdachtsfälle Mitte Oktober haben Syriens Gesundheitsbehörden Impfungen angeordnet, die aber wegen des Krieges längst nicht überall vorgenommen werden können.
 
 
 
 
    28. 10. 2013  
 
28. Oktober 2013: Welt-Poliotag

 
In Deutschland gilt die sogenannte Kinderlähmung (Poliomyelitis) zwar aufgrund der entsprechenden Impfungen als ausgerottet. Doch Gesundheitsexperten warnen vor einer aufkommenden Impfmüdigkeit. Denn während in Europa die Zahl der gegen Polio geimpften Menschen immer mehr abnimmt, ist das Virus in Afrika und Asien weiter verbreitet. Aufgrund der gestiegenen Mobilität weltweit ist ein Impfschutz auch in Deutschland weiterhin sinnvoll.

Für die regulären Polio-Schutzimpfungen in Deutschland übernimmt die AOK die Kosten. Laut Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut beginnt die Grundimmunisierung ab dem zweiten Monat. Die Auffrischung erfolgt zwischen dem 9. und 17. Geburtstag. Die AOK informiert ihre Versicherten über weitere empfehlenswerte Impfungen.

Der Welt-Polio-Tag fällt auf den Geburtstag des US-amerikanischen Bakteriologen Jonas Salk, des Entdeckers des Polio-Impfstoffes. Mit den inaktivierten Polio-Vakzine (IPV) gab es ab 1955 erstmals die Möglichkeit des spezifischen individuellen Schutzes gegen Poliomyelitis.

Seit 1988 konnte das Auftreten von Polio durch die weltweite Polio-Kampagne von Unicef, der Weltgesundheitsorganisation und Rotary International um 99 Prozent verringert werden. Statt 350.000 Erkrankten im Jahr 1988, waren es 2011 nur noch 400.

Ziel des Welt-Polio-Tages ist, die Bevölkerung zu Auffrischungs-Impfungen zu motivieren, um eine Rückkehr der nahezu ausgerotteten Krankheit zu verhindern. Ansprechpartner in Deutschland sind das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen sowie der Bundesverband Polio.
 
 
 
 
Das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung meldet:
Schwerbehindertenausweis künftig im Bankkartenformat
[PN 3/2012  —  71  —  13]

 
     
Mehr Informationen zum nationalen Aktionsplan

 
Noch gibt es den Schwerbehindertenausweis nur aus Papier. Das ändert sich ab 1. Januar 2013. Dann kann der derzeitig relativ große Schwerbehindertenausweis als kleinere Plastikkarte ausgestellt werden. Der Bundesrat hat den entsprechenden Änderungen zugestimmt
Das Format des neuen Schwerbehindertenausweises entspricht dann dem neuen Personalausweis oder einer Bankkarte. Er wird damit handlicher und benutzerfreundlicher. Mit diesem Format kommt die Bundesregierung einer im Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention angekündigten Maßnahme nach. Dort heißt es: „Der Schwerbehindertenausweis soll ein Bankkartenformat erhalten und damit benutzerfreundlicher werden." Der neue Ausweis erfüllt damit auch einen Wunsch behinderter Menschen nach einem kleineren Ausweisformat, das weniger diskriminierend wirkt.
 
Neuausstellung ab 1. Januar 2013 möglich
Der neue Ausweis kann ab 1. Januar 2013 ausgestellt werden. Den genauen Zeitpunkt der Umstellung legt jedes Bundesland selbständig fest. Die Umstellung von Papier auf das neue Kartenformat soll für alle Schwerbehindertenausweise spätestens am 1. Januar 2015 abgeschlossen sein. Das bedeutet, dass es ab diesem Zeitpunkt den Schwerbehindertenausweis nur noch als Plastikkarte im Bankkartenformat geben wird.
Die bisherigen Schwerbehindertenausweise in Papierform behalten bis zum zeitlichen Ablauf ihre Gültigkeit. Sie müssen nicht zwingend vorher neu ausgestellt werden. Alle mit dem Grad der Behinderung (GdB) zusammenhängenden Nachteilsausgleiche können nach wie vor mit den alten Ausweisen in Anspruch genommen werden.
Die Maße für den neuen Ausweis sind: 85,60 Millimeter mal 53,98 Millimeter mal 0,76 Millimeter. Dieses Format entspricht dem internationalen ID-1-Format für Plastikkarten, wie zum Beispiel für den neuen Personalausweis, den Führerschein oder für eine Bankkarte. Diese „Identitätskarten" sind von der ISO (Internationale Standardisierungs-Organisation) unter ISO 7815 standardisiert worden.

 
 
    21. 10. 2013  
 

„Ausrottung ist möglich“ Gemeinsam gegen Polio

 
21.10.2013 · Die endgültige Ausrottung der Kinderlähmung ist zum Greifen nahe. Doch ohne neue, große Anstrengungen am Horn von Afrika und in Israel wird es kaum gelingen.
 
Dank effektiver Impfstoffe gehört die Kinderlähmung (Polio) zu den wenigen Erkrankungen, die weltweit ausgerottet werden können. In Deutschland ist seit 1990 kein Fall von einheimischer Polio mehr aufgetreten, viele Menschen hierzulande haben die Erkrankung fast vergessen. Der Welt-Poliotag, der jedes Jahr am 28. Oktober begangen wird, soll an die Schrecken, aber auch an die enormen Fortschritte bei der Ausrottung dieser Erkrankung erinnern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gedenkt damit des Entwicklers des ersten Polioimpfstoffes, Dr. Jonas Salk, und macht die Verpflichtung deutlich, sich in diesem weltweit bedeutenden Gesundheitsprojekt weiterhin zu engagieren, um Polio für immer zu besiegen.

Seit Beginn der globalen Initiative im Jahr 1988 ist die Zahl der Erkrankungen weltweit von damals rund 350 000 auf bisher 285 im Jahr 2013 gesunken. Die Zahl der Endemieländer ging zurück, von ehemals 125 auf derzeit noch drei. In Nigeria, Afghanistan und Pakistan konnte die Virusübertagung bisher nicht gestoppt werden. Im Bürgerkriegsland Syrien hat man nach dem starken Rückgang der Durchimpungsquote zum ersten mal wieder Verdachtsfälle registriert.

Die enorme Verringerung der Fallzahlen, das völlige Verschwinden des Poliowildvirus Typ 2 und der drastische Rückgang der Infektionen durch Poliowildvirus Typ 3 in den vergangenen elf Monaten zeigen, dass die zur Verfügung stehenden Instrumente - konsequente Impfungen und gute epidemiologische Überwachung - wirksam sind. Dass Polio damit selbst unter den schwierigsten Bedingungen ausgerottet werden kann, zeigt das Beispiel Indien: Das Land mit den einst meisten Erkrankungsfällen ist inzwischen seit fast drei Jahren poliofrei!

Trotz enormer Fortschritte kommt es immer wieder zu neuen Herausforderungen: Problematisch sind vor allem die Re-Importe von Poliowildviren aus den bestehenden Endemiegebieten in bereits poliofreie Gebiete. Auch die seit über elf Jahren als poliofrei zertifizierte WHO-Region Europa ist nicht vor einer Wiedereinschleppung von Poliowildviren geschützt. Der Polioausbruch in Tadschikistan im Jahr 2010, wo es zu 460 bestätigten Erkrankungsfällen und einer Weiterverbreitung der Viren bis nach Russland kam, zeigt dies eindrücklich. Auch in diesem Jahr gibt es bedenkliche Entwicklungen. Seit Februar fanden sich in Israel immer wieder Poliowildviren Typ 1 in Abwasserproben. Die WHO schätzt daher das Risiko der internationalen Weiterverbreitung der Polioviren derzeit als hoch ein. Ein Nachweis der Viren gelang zuerst im Süden Israels, später in anderen Landesteilen, darunter Jerusalem sowie im Westjordanland und im Gazastreifen, insgesamt in etwa hundert Umweltproben. Molekulare Analysen ergaben, dass diese Viren, die 2012 auch in Ägypten im Abwasser auftraten, aus Pakistan stammen.

Aufgrund ausgezeichneter globaler Überwachungssysteme und wegen der hohen Durchimpfungsraten in Israel traten jedoch bisher keine Erkrankungen bei Menschen auf. Die israelischen Gesundheitsbehörden haben schnell und intensiv reagiert; sie starteten landesweite Impfaktionen mit einem oralen bivalenten Lebendimpfstoff (OPV). Routinemäßig wird in Israel seit zwanzig Jahren der inaktivierte Impfstoff (IPV) verwendet, der zwar eine Erkrankung sicher verhindert, wegen der fehlenden Darmimmunität die Weiterverbreitung der Viren aber nicht ausschließt.

Auf der 66. Weltgesundheitsversammlung 2013 wurde in Genf ein neuer Strategieplan für die Endphase der Polioeradikation 2013 bis 2018 gebilligt. Er beinhaltet die Erhöhung der globalen Überwachung, die Stärkung von Routineimpfungen und die Verbesserung der Infrastruktur in schwer zu erreichenden Gebieten. Nachdem das Polio-Eradikationsziel mehrfach verschoben werden musste, soll nun mit dem zweifellos ehrgeizigen Sechsjahresplan die Übertragung von Poliowildviren bis Ende 2014 endgültig gestoppt werden.

Die Chancen, dieses Ziel zu erreichen, sind gut: die drei verbleibenden Endemieländer setzten nationale Notfallpläne zur weiteren Verbesserung der Impfkampagnen um, die zu den historisch niedrigsten Raten von Neuerkrankungen im vergangenen Jahr geführt haben. Dennoch werden in Pakistan die Fortschritte im Kampf gegen Polio immer wieder gefährdet, weil in einigen Landesteilen Führer der „Taliban“ den Menschen untersagen, ihre Kinder impfen zu lassen. Besonders tragisch sind die Angriffe auf WHO-Mitarbeiter und die Ermordung von einheimischen Impfhelfern wie abermals vor wenigen Tagen im Nordwesten Pakistans. Die Impfaktionen mussten daher teilweise zurückgefahren werden.

Eine weitere Herausforderung der Initiative ist der aktuelle Polioausbruch am Horn von Afrika - einem Gebiet, das bereits poliofrei war. Die bisher 191 Fälle entsprechen mehr als zwei Dritteln der in diesem Jahr insgesamt gemeldeten Fälle. Nachdem Mitte April in der somalischen Hauptstadt Mogadishu ein Kind an Kinderlähmung erkrankt war, breitete sich die Krankheit im bürgerkriegsgeplagten Land weiter aus.

Den letzten Poliofall hatte es in Somalia im Jahr 2007 gegeben, doch seit 2009 wurden geplante Impfaktionen verhindert. Damit entstand bei den Kleinkindern eine Impflücke, und das aus Nigeria stammende Virus konnte sich verbreiten. Dies hat bislang zu 170 Erkrankungen geführt. Zwar sind inzwischen mehrere Millionen Kinder geimpft worden, Hunderttausende, vor allem nicht sesshafte Bevölkerungsgruppen, sind aber nach wie vor nicht erreichbar, weil sie in einem der Gebiete leben, die von der radikalislamischen Al-Schabab Miliz kontrolliert werden.

Auch in einem Flüchtlingslager in Kenia erkrankten 14 Personen an Polio. Vier weitere Fälle sind aus Äthiopien und drei aus dem Südsudan gemeldet worden. Bei einer Infektion mit Polioviren entwickelt höchstens jeder Hunderste die typischen klinischen Poliosymptome, alle Infizierten können jedoch Virusausscheider sein. Nur durch hohe Impfraten lässt sich daher die Übertragung von Mensch zu Mensch unterbrechen.

Die Überwachung der Poliofreiheit in Deutschland hat für das Robert Koch-Institut eine hohe Priorität. Hier sind sowohl die Geschäftsstellen der Nationalen Kommission für die Polioeradikation in Deutschland und der Ständigen Impfkommission als auch das Nationale Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren angesiedelt. Die Aufrechterhaltung hoher Durchimpfungsraten der gesamten Bevölkerung sowie eines verlässlichen und empfindlichen Überwachungssystems zur schnellen Erkennung importierter Polioviren stehen dabei im Vordergrund.

Polio endgültig auszurotten ist der alles entscheidende Schritt, um alle Kinder vor dieser impfpräventablen Krankheit zu schützen. Dies gelingt nur mit anhaltender politischer Unterstützung, bis Polio endgültig weltweit ausgerottet ist. Seit 1985 ist Deutschland als Geberland aktiv in die Polio-Eradikationskampagne eingebunden, auch in diesem Jahr wurden weitere 100 Millionen Euro dafür aufgewendet - zu unser aller Nutzen.

Sabine Diedrich leitet das Nationale Referenzzentrum für Poliomyelitis und Enteroviren. Reinhard Burger ist Mikrobiologe und Präsident des Robert Koch-Instituts in Berlin.
 
 
 
 
    09. 09. 2013  
 
Gemeinsamer Auftrag: Leichter Zugang für alle Menschen zur medizinischen Versorgung
Barrierefreiheit – Um Initiativen und Maßnahmen der Ärzte- und Zahnärzteschaft zum Abbau von Barrieren drehte sich heute eine gemeinsame Veranstaltung von vier Standesorganisationen.

 
Berlin
Die bessere medizinische Versorgung von Menschen mit Behinderung stand im Fokus der Veranstaltung „Barrieren abbauen“ am Montag in Berlin. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sowie die Bundesärztekammer (BÄK), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) hatten den Erfahrungsaustausch angeregt und dazu Betroffene und Experten eingeladen.
Barrierefreiheit bedeutet nicht nur an Rampen und Fahrstühle zu denken, sondern allen Menschen einen leichten Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. Unter den 9,6 Millionen Menschen mit Behinderung sind auch Patienten mit Sehbehinderung, Hörschädigung oder geistiger Behinderung. Für sie ist es wichtig, sich in Krankenhäusern und Arztpraxen einfach zurechtzufinden. Dabei hilft es schon, sich klar und deutlich gegenüber Patienten mit Behinderung auszudrücken oder gut sichtbare Schilder anzubringen. „Mit praktischen Tipps hilft die KBV, Praxisinhabern Maßnahmen aufzuzeigen, die auch ohne großen finanziellen Aufwand umsetzbar sind“, erklärt Dipl.-Med. Regina Feldmann, Vorstand der KBV.
Dr. Christoph von Ascheraden, Vorstandsmitglied der BÄK, verweist darauf, dass viele Vorgaben des Gesetzes über die Rechte von Menschen mit Behinderungen mittlerweile auf den Weg gebracht worden seien. „Wir sind jedoch noch weit davon entfernt, alle Inhalte und Zielsetzungen des Gesetzes verwirklicht zu haben. Auf dem heutigen Symposium konnten wir Bilanz ziehen und neue Initiativen entwickeln.“
„Wir haben in der Zahnmedizin eine besondere Situation. Der gesamte Leistungskatalog baut darauf auf, dass eigenverantwortlich Mundhygiene betrieben wird. Menschen mit Behinderung können diese Voraussetzung oft nicht erfüllen und bekommen daher nicht die Betreuung, die sie brauchen. Diese Barriere wollen wir mit unserem Versorgungskonzept abbauen“, führte Dr. Wolfgang Eßer, stellvertretender Vorsitzender der KZBV, aus. Gerade für Zahnärzte ist es schwierig, Menschen mit einer geistigen Behinderung zu erklären, was bei einer Untersuchung passiert und aus welchem Grund. Deshalb ist hier der richtige Umgang mit den Patienten besonders wichtig. „Wir wollen externe und interne Barrieren angehen. Eine wertschätzende Einstellung und offene kommunikative Haltung gegenüber Menschen mit Behinderung soll für Ärzte und Zahnärzte – aber auch für die Gesellschaft – ein Selbstverständnis sein“, sagte Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, Vize-Präsident der BZÄK.
Auf der Tagung kamen in verschiedenen VorAträgen nicht nur Betroffene und Ärzte zu Wort, sondern unter anderem auch der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, MdB, und der Ehemalige Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Prof. Dr. Dr. Wolfgang Huber. Am Nachmittag gab es in Arbeitsgruppen praxisnahe Hinweise, beispielsweise hausärztliche Tipps für den Praxisumbau. Mit einer Podiumsdiskussion unter dem Motto „Blick zurück nach vorn“ endete die Veranstaltung im Gebäude der KBV.
Die KBV hat zu dem Thema eine Broschüre mit dem Titel „Barrieren abbauen – Ideen und Vorschläge für Ihre Praxis“ erstellt. Diese können Interessierte kostenlos bei der KBV bestellen e-Mail: versand@kbv.de. Zudem steht sie als PDF unter Barrieren_abbauen.pdf.
Das zahnärztliche Versorgungskonzept „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter“ steht unter Konzept zum Download bereit.
 
 
 
 
    19. 09. 2013  
 
REHACARE 2013
BAG SELBSTHILFE präsentiert bundesweite Image-Kampagne für die Selbsthilfe und bilanziert die Auswirkungen der aktuellen Gesetzgebung auf die Hilfsmittelversorgung für Patienten

 
Düsseldorf, 19. September 2013
Die BAG SELBSTHILFE ist Kooperationspartnerin der Messe Düsseldorf bei der Ausgestaltung der REHACARE. In diesem Jahr präsentiert sie ihre neue, ungewöhnliche Kampagne WIR FÜR MICH. SELBSTHILFE WIRKT. Die Image-Kampagne will zeigen, was Selbsthilfe ist, welche Unterstützung Selbsthilfe leisten kann und welche Bedeutung die Selbsthilfe für eine inklusive Gesellschaft hat. Kern der Kampagne sind die Website http://www.selbsthilfe-wirkt.de und vier ungewöhnliche Internet-Filmclips, die vier beeindruckende, aktive Menschen zeigen, die in der Selbsthilfe engagiert sind.
 
„Viele verbinden Selbsthilfe nur mit „dem händchenhaltenden Stuhlkreis“ und wissen gar nicht, wie stark der gegenseitige Austausch in der Selbsthilfe die Lebensqualität vieler chronisch kranker, behinderter und psychisch kranker Menschen verbesserAn kann. Die Kampagne WIR FÜR MICH. SELBSTHILFE WIRKT. will sensibilisieren, Berührungsängste von Betroffenen und Nichtbetroffenen abbauen und zeigen, dass Selbsthilfe die Bedürfnisse von Menschen ernst nimmt und ihnen gerecht wird. Je mehr Menschen die Filmclips der neuen Kampagne sehen, weiterleiten, bei Facebook teilen und empfehlen, desto größer wird die Wirkung von Selbsthilfe in Zukunft sein. Und dazu kann jeder beitragen“, erklärt Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE.
 
Fachlicher und verbandlicher Austausch / Café Forum
Darüber hinaus ermöglicht die BAG SELBSTHILFE mit ihrem Gemeinschaftsstand, an dem sich in diesem Jahr mehr als 30 Mitgliedsorganisationen präsentieren, den wichtigen fachlichen sowie verbandlichen Austausch.
„Der Besuch unseres Café Forums ist eigentlich ein MUSS für jeden REHACARE-Besucher. Denn hier schafft die BAG SELBSTHILFE eine Plattform für Informatives, Kulturelles und Buntes zugleich. Neben der Präsentation unserer Image-Kampagne wird einer der Hauptdarsteller eine spannende Zaubervorführung darbieten. Darüber hinaus erfährt das Publikum, welche Reiseziele der Tourismusmarkt für Menschen mit Behinderung bereithält und kann zu Themen wie beispielsweise Barrieren im Internet oder Leichter Sprache als Voraussetzung für Teilhabe mitdiskutieren oder auch Informationen zur Ausbildung und zum Training von Behindertenbegleit- und Therapiehunden erhalten“, stellt Dr. Martin Danner einen Teil des Programms vor.
 
Gesetzgebung und die Auswirkungen auf die Hilfsmittelversorgung
Natürlich wird darüber hinaus auch 2013 ein RahmenpArogramm geboten, das aktuelle sozialpolitische Entwicklungen und Schwerpunkte beleuchtet. Dazu gehören u. a. das Hilfsmittelforum von BAG SELBSTHILFE und BVMed (Halle/Stand 7.0/A 08). Hier werden Experten von Verbänden, Krankenkassen, der Selbsthilfe und Juristen die Probleme und Perspektiven der Hilfsmittelversorgung durch die Gesetzlichen Krankenkassen diskutieren.
Beispielsweise ziehen sie am Donnerstag, 26. September 2013, Bilanz über das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) und das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der GKV (GKV-WSG). Dr. Andrea Mischker und Andrea Krogmann, BIG direkt gesund, berichten um 10.30 Uhr über die Auswirkungen der Gesetze auf den Alltag einer Krankenkasse. Um 12.30 Uhr schließt sich Juristin Bettina Hertkorn-Ketterer mit einem Resümee für die Hilfsmittelversorgung an. In der Podiumsdiskussion ab 14.30 Uhr werden die Informationen und Erkenntnisse bewertet und die Frage diskutiert, ob die durch die Gesetze geschaffenen Rahmenbedingungen eine qualitative und ausreichend zweckmäßige Hilfsmittelversorgung gewährleisten können. Zu den Gästen am Podium, die zu dieser Frage Stellung nehmen, zählen Carla Grienberger, GKV-Spitzenverband, Dr. Siiri Doka, BAG SELBSTHILFE, und Klaus Grunau, Vorstandsmitglied des BVMed e.V.
 
Wie stellt sich die Hilfsmittelversorgung aus Patientensicht dar?
Diese wichtige Frage steht am 27. und 28. September im Mittelpunkt der Vortragsreihe unter der Leitung von Dr. Siiri Doka, BAG SELBSTHILFE. Hier stehen u.a. Themen auf dem Programm wie die Probleme der Hilfsmittelversorgung bei Kindern und Jugendlichen und die Hilfsmittelversorgung in der inklusAiven Schule. Dr. Martin Danner, Bundesgeschäftsführer der BAG SELBSTHILFE, bietet am Freitag, 27. September um 10.30 Uhr einen Rückblick und zeigt die Perspektiven für die nächsten vier Jahre auf.
 
Burga Torges
Referatsleitung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
BAG SELBSTHILFE
Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
 
Kirchfeldstraße 149
40215 Düsseldorf
Fon: 0211 3100625
Fax: 0211 3100634
http://www.bag-selbsthilfe.de
e-Mail: burga.torges@bag-selbsthilfe.de
 
Die BAG SELBSTHILFE mit Sitz in Düsseldorf ist die Dachorganisation von 115 bundesweiten Selbsthilfeverbänden behinderter und chronisch kranker Menschen und ihrer Angehörigen. Darüber hinaus vereint sie 13 Landesarbeitsgemeinschaften und 5 außerordentliche Mitgliedsverbände.
Der BAG SELBSTHILFE sind somit mehr als 1 Million körperlich-, geistig-, sinnesbehinderte und chronisch kranke Menschen angeschlossen, die sowohl auf Bundes- und Landesebene tätig sind als auch auf lokaler Ebene in Selbsthilfegruppen und Vereinen vor Ort.
Selbstbestimmung, Selbstvertretung, Integration, Rehabilitation und Teilhabe behinderter und chronisch kranker Menschen sind die Grundsätze, nach denen die BAG SELBSTHILFE für die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung behinderter und chronisch kranker Menschen in zahlreichen politischen Gremien eintritt.
 
 
 
 
    Chronisch krank - was nun?